In der Schweiz wird alle zwei Wochen eine Frau von ihrem Mann, ihrem Ex-Partner, Bruder oder Sohn getötet, wie «Stop Femizid» schreibt. Die Organisation zählt, wie viele Frauen in der Schweiz getötet werden. Dieses Jahr sind es bereits 25 Frauen und Mädchen.
Wenn es um den Schutz der Frauen vor Gewalt gehe, erhalte die Schweiz denn auch bloss die Note drei. Das schreibt eine Gruppe von Frauenrechtsorganisationen und Gewaltfachstellen in ihrem Bericht. Die Gewalt gegen Frauen nehme in der Schweiz zu – und sei alarmierend.
Die Organisationen kritisieren, dass die Schweiz die Istanbul-Konvention nur ungenügend umsetze. Konkret sei zu wenig Geld für den Schutz von Frauen – etwa für Frauenhäuser – vorhanden. Ausserdem seien die Unterschiede bei den Massnahmen zum Schutz der Frauen zwischen den Kantonen enorm.
Die Istanbul-Konvention hat zum Ziel, Frauen vor Gewalt zu schützen. Seit mehr als acht Jahren gilt die Konvention auch in der Schweiz.
Bundesrat will Hilfsangebote ausbauen
Dass die Schweiz mehr tun muss, ist auch dem Bundesrat klar. «Vor dem Hintergrund, dass die Zahl der Femizide erneut zugenommen hat, ist das dringend nötig», sagte Bundesrat und Justizminister Beat Jans kürzlich gegenüber SRF.
Jans hat sich auch die Situation in Spanien vor Ort angeschaut. Das Land geht seit mehr als 20 Jahren rigoros gegen Gewalt an Frauen vor. Der Hintergrund: Ende der 1990er-Jahre wurde eine Frau von ihrem Ex-Mann brutalst ermordet, nachdem sie in einer TV-Sendung die jahrelangen Misshandlungen durch ihn öffentlich gemacht hatte.
«Dieser schlimme Fall offenbarte, dass es im spanischen System immense Mängel gab», sagt SRF-Spanienkenner und Auslandredaktor Beat Vogt. So hatte ein Richter verfügt, dass der Ex-Mann weiterhin im selben Haus leben sollte wie seine Frau, die er vorher bereits mehrmals misshandelt hatte.
Bahnbrechendes Gesetz nach Protesten
Der Fall führte in ganz Spanien zu massiven Protesten, worauf einige Jahre später ein Gesetz gegen Gewalt an Frauen in Kraft trat. Es sieht Strafverschärfungen für Täter vor, aber auch zahlreiche Massnahmen zum Schutz der Opfer vor männlicher Gewalt.
«Es war das erste umfassende Gesetz dieser Art in Europa», betont Vogt. Angesichts der Tatsache, dass die Istanbul-Konvention erst zehn Jahre später vereinbart wurde, war Spanien mit dem innovativen Gesetz der Zeit voraus.
In Spanien gebe es etwa spezielle Gerichte, die sich nur mit Fällen von Gewalt an Frauen befassen, so Spanienkenner Vogt. Weil sich die Richterinnen und Richter dort nur solchen Fällen widmen, sind sie entsprechend psychologisch geschult. «Eine der dortigen Richterinnen erklärte mir das so: Es gebe schliesslich auch Jugendgerichte, weil junge Menschen speziell geschützt werden müssten. Das sei auch bei Frauen so», berichtet Vogt.
Stark auch in der Prävention
Und: Spanien ist auch in der Prävention Vorreiter. So gibt es etwa ein landesweites Computerregister, in dem Täter, die Gewalt an Frauen verübt haben, aufgelistet sind. Dabei berechnet ein spezieller Algorithmus das Gefährdungspotenzial der einzelnen Männer.
«Je nach berechneter Risikostufe gibt es dann unterschiedliche Massnahmen, welche die Polizei ergreift», sagt Vogt. In Extremfällen würden Frauen unter Polizeischutz gestellt. Alle diese Massnahmen haben tatsächlich dazu geführt, dass die Zahl der Femizide in Spanien in den letzten Jahren zurückgegangen ist.