Thomas Lötscher kennen die wenigsten. Seine Kunstfigur Veri jedoch, die wird dem einen oder der anderen bekannt sein. Der Mann mit Schirmmütze, Hornbrille und Wollpullunder, der sich im breitesten Luzerner Dialekt über die Absurditäten der Politik lustig macht. In Stammtischmanier, versteht sich.
Schluss mit lustig
Seit über 20 Jahren ist «Veri» auf den Schweizer Bühnen unterwegs und bringt die Leute mit seinem politischen Kabarett zum Lachen. Bald jedoch ist Schluss. Nach der letzten Tour, die vor kurzem begonnen hat, schickt Lötscher sich und seinen «Veri» in Pension. «Ich bin jetzt 65 Jahre alt», sagt er. Für ihn sei alles gesagt und er freue sich, Neues anzugehen.
Die letzte Möglichkeit also, um mit ihm über politische Comedy zu sprechen. Viel Material entstehe, wenn er den Mächtigen auf die Finger schaue und mit Hilfe von Humor ihre Widersprüche und Halbwahrheiten entlarve, sagt Lötscher im Gespräch. Etwa, als er sich darüber lustig machte, wie Ueli Maurer die beste Armee der Welt anstrebte und der Bundesrat beim Kampfjetkauf auf das billigste Modell setzte.
Kantönligeist als Inspirationsquelle
Oder als er Bundesrat Albert Rösti Ende 2024 nach dem Volks-Nein zum Autobahn-Ausbau riet, es beim nächsten Mal so anzugehen wie eine seiner Vorgängerinnen: «Du musst es machen wie Frau Leuthard beim Gotthard. Du musst den Leuten sagen, wir bauen einen zweiten Tunnel, aber den brauchen wir dann nicht.» «Veri» sprach damit die Bedenken vieler Leute aus, dass die zweite Gotthardröhre kurz nach der Eröffnung zweispurig befahren wird.
«Es glaubt doch niemand im Ernst, wir bauen zwei Tunnel und fahren dann nur durch einen», ist Lötscher noch heute überzeugt. Da brauche es jemanden, der dies ausspricht. Diesen Drang habe er schon immer gehabt. «Das kommt von meiner Mutter. Kaum war das Frauenstimmrecht da, hat sie sich politisch engagiert.»
Eine weitere Inspirationsquelle für «Veris» Programm sind die Auswüchse des Föderalismus. «Typische Kantönligeistgeschichten», wie er es nennt. Ein Ausschnitt aus seinem Programm: «Wenn du in Luzern eine Zigarettenschachtel wegwirfst, gibt es eine Busse von 40 Franken. Der Wegwurf eines Hundesäckchens gibt 80 Franken. Jeder, der sein Hundesäckchen vor dem Wegwerfen nicht in eine Zigarettenschachtel verpackt, ist ein Trottel.»
Um auf solche Geschichten zu stossen, recherchiere er viel, sagt Lötscher. «Ich habe sechs Zeitungen abonniert.» Sein Publikum sei oft selbst politisch interessiert und erwarte daher, dass das, was er erzähle, auch stimme. «Sonst kommt bestimmt eine Mail, in der ich auf Fehler hingewiesen werde.»
Hartes Pflaster für junge Talente
Thomas Lötscher, der ursprünglich als Wirtschaftsinformatiker arbeitete, sagt, er habe seinen Job als «Veri» immer gerne gemacht. Ob sein Werdegang heute noch funktionieren würde, da sei er unsicher. «Seit der Pandemie ist es schwieriger geworden, Tickets zu verkaufen.» Die Leute gingen weniger raus, das merke man.
«Vor allem für die, die neu anfangen, ist es hart», so Lötscher. «Sich einen Namen aufbauen an Feuerwehrabenden und Schulhauseinweihungen, wie ich das gemacht habe, das gelingt fast nicht mehr.»
Trotzdem hoffe er, dass es weiterhin Leute geben wird, die Satire machen und Politikern auf die Finger schauen. «Schliesslich sind die alten Probleme nur neu etikettiert, die Profiteure noch reicher, und die Lügen der Mächtigen noch unverschämter geworden.»