Sie ist ein Aushängeschild des Schweizer Schachs. Die beste gebürtige Schweizer Schachspielerin ist mehrfache Schweizermeisterin und Frauengrossmeisterin. Im Sommer ist sie nach zehn Jahren aus dem Nationalteam zurückgetreten.
SRF News: Sie sind aus dem Nationalteam zurückgetreten. Das ist ein ungewöhnlicher Schritt. Was waren die Gründe?
Lena Georgescu: Ich habe ein Problem damit, wie der Spitzensport-Bereich für Erwachsene momentan vom Schachbund geführt wird. Ich finde, seit einigen Jahren spielen Dinge wie Transparenz, Gleichbehandlung der Spielerinnen und Spieler und auch Respekt gegenüber den Spielenden eine viel kleinere Rolle als früher. Nach vielen Gesprächen, auch mit dem Verbandspräsidenten, die zu nichts führten, bin ich zurückgetreten.
Was bedeutet der Rücktritt für Ihre Karriere?
Ich spiele nicht mehr im Nationalteam und verdiene weniger Geld. Aber unter dem Strich war es die richtige Entscheidung. Ich habe jetzt mehr Wohlbefinden, rege mich nicht mehr ständig auf und spiele dadurch auch wieder besser.
Im Nationalteam spielen auch Personen ohne Schweizer Pass. Ist das üblich?
Ja, anders als beispielsweise im Fussball ist das im Schach möglich. Der Wohnsitz kann auch entscheidend sein, wer für ein Land spielen kann. Die Schweiz hat ihr Reglement nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs geändert und erlaubt Spielerinnen und Spielern, die hier wohnen, für die Nationalmannschaft anzutreten.
In der obersten Schweizer Liga sind unter 200 Spielern vielleicht vier Frauen.
Unter den 100 besten Schachspielern der Welt ist keine Frau. Woran liegt das?
Der grösste Faktor ist die Statistik. In der obersten Schweizer Liga zum Beispiel sind unter 200 Spielern vielleicht vier Frauen. Wenn schon auf diesem Niveau so wenige Frauen spielen, ist es klar, dass es an der Spitze noch weniger werden. Dazu kommt, dass Männer an der Spitze oft einen extremeren Fokus haben und 10 bis 12 Stunden am Tag trainieren. Die einzige Frau, die je in den Top Ten war, Judit Polgár, hat nach der Geburt ihrer Kinder ihre Schachkarriere beendet. Das ist bei Männern seltener der Fall.
Im Schach gibt es immer wieder grosse Betrugsvorwürfe. Wie einfach ist es, zu betrügen?
Das grundlegende Problem ist, dass man relativ einfach betrügen kann und es im Nachhinein kaum nachzuweisen ist.
Man braucht sehr wenig, um zu betrügen.
Anders als beim Doping gibt es bei uns keinen Test. Schon ein einfacher Schachcomputer auf dem Handy kann den Weltmeister schlagen. Man braucht also sehr wenig, um zu betrügen.
Wie funktioniert das in der Praxis?
Es gab einen Fall, wo Züge per SMS empfangen wurden und die Person mit Standortwechseln im Saal dem Spieler Signale gegeben hat. Die primitivste Methode ist das Handy auf der Toilette. Die Sicherheitskontrollen sind oft mehr eine Alibiübung und nicht sehr effektiv.
Was wäre die Lösung?
Es braucht mehr und strengere Kontrollen, damit es zur Normalität wird, dass jemand überprüft wird. Man muss die Leute in flagranti erwischen, sonst ist es zu spät. Man kann im Nachhinein zwar ahnen, dass bei einer Partie betrogen wurde, aber beweisen kann man es nicht mehr.
Das Gespräch führte Karoline Arn.