Es ist der 5. November 1840: Über 300 Vertreter der konservativen Volksbewegung treffen sich im «Rössli» im luzernischen Ruswil. Sie unterzeichnen ein Manifest mit dem Ziel, die zunehmende Liberalisierung der Schweiz zu bremsen und die alte Ordnung hochzuhalten. Der Moment gilt als Geburtsstunde der Katholisch-Konservativen Partei.
Partei wechselt den Namen, das «Rössli» bleibt
Die Partei hat seither viele Wandlungen durchgemacht. Sie hiess Katholische Volkspartei, Konservative Volkspartei, Christlichdemokratische Volkspartei CVP und ist vor einigen Jahren beim aktuellen Namen die Mitte angelangt.
Das «Rössli» aber heisst auch nach fast 200 Jahren noch gleich und steht noch immer. Jetzt aber droht es zu verschwinden. Das Gasthaus muss dringend saniert werden und den Inhabern fehlt das Geld. Von den insgesamt 2.7 Millionen Franken müssen noch 1.2 Millionen aufgetrieben werden.
Hälfte des Geldes fehlt noch
Mit dem Geld soll die veraltete Infrastruktur ersetzt werden: Küche, Lüftung und sanitäre Anlagen. Private, die das «Rössli» unterstützen wollen, können Aktien kaufen, ein Darlehen leihen oder etwas spenden.
Die Eigentümerin, die Gasthof Rössli Ruswil AG, hofft dabei auch auf Mitglieder der Mitte-Partei. «Ihnen sollte die Geburtsstätte der Partei etwas wert sein», sagt Verwaltungsratspräsident André Aregger. «Das Spendenbarometer sieht aktuell noch etwas spack aus», so Aregger. Von den 1.2 Millionen Franken fehlt noch gut die Hälfte.
Mitte zeigt sich verhalten
Bei der Partei erkennt man den historischen Wert des Gasthauses an. «Die Wurzeln sind sehr wichtig», sagte etwa Parteipräsident Philipp Matthias Bregy der «Luzerner Zeitung». Wenn es ums Geld geht, zeigen sich Parteiexponenten jedoch verhalten. Bregy: «Parteien sind in der Schweiz sehr klamm und müssen quasi jeden Franken zweimal umdrehen.»
Ähnlich klingt es bei Karin Stadelmann, der Präsidentin der Luzerner Kantonalpartei. «Dieser Ort hat für uns eine historische Tradition, doch es ist nicht unsere Verantwortung, diesen Gasthof finanziell zu unterhalten», sagt sie gegenüber SRF. Hier müsse man die Unternehmung Gasthof Rössli von der Gedenkstätte trennen.
Verwaltungsrat bleibt zuversichtlich
Sie mache zwar Leute darauf aufmerksam, dass das «Rössli» Geld braucht. «Das bedeutet jedoch nicht, dass wir als Partei auf Geldsuche gehen», so Stadelmann. Auf die Frage, ob sie selbst schon gespendet hat, meint sie: «Selbstverständlich werde ich mir das überlegen.»
Auf offizielle Hilfe der Mitte-Partei kann das «Rössli» also nicht zählen. Verwaltungsratspräsident Aregger hat dennoch Grund zur Hoffnung, dass der Umbau zustande kommt. «Wir haben viele mündliche Zusagen von grösseren Geldgebern, die uns zuversichtlich stimmen.»
Das «Rössli» sei auch den Einwohnerinnen und Einwohnern von Ruswil und den Vereinen wichtig. Es ist die letzte Beiz im Dorfkern. «Wir haben auch Unterstützung von Leuten, die dem Mitte-Parteibuch nicht nahestehen.» Mit der Mitte allein rettet man die Geburtsstätte der Partei also nicht.