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Grosse Nachfrage Wieso der Grippe-Impfstoff nicht nur in Luzern knapp ist

Im Herbst und Winter ist es wieder Zeit für die Grippeimpfung – sofern das überhaupt noch möglich ist. Im Kanton Luzern ist der Impfstoff wegen der grossen Nachfrage dieses Jahr praktisch aufgebraucht und nicht nur dort. Enea Martinelli, Vizepräsident des Schweizerischen Apothekerverbands erklärt, wie es zum Impfstoff-Engpass kommen konnte.

Enea Martinelli

Vorstandsmitglied des Apothekerverbands Pharmasuisse

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Der Interlakner ist Chefapotheker der Spitäler fmi AG und Vorstandsmitglied des Apothekerverbands Pharmasuisse.

SRF News: Warum ist die Nachfrage an Grippeimpfungen dieses Jahr so hoch?

Enea Martinelli: In den letzten Jahren war die Impfquote tiefer als sonst. Die Leute waren impfmüde von der Corona-Pandemie. Aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre war man darum zurückhaltend mit den Bestellungen. Jede Apotheke zahlt die bestellten Impfungen zudem selbst. Damit geht auch jede Apotheke ein finanzielles Risiko ein, Impfungen später ungenutzt entsorgen zu müssen. In den letzten Jahren mussten die Apotheken viele Impfdosen wegschmeissen. Jetzt hat die Nachfrage wieder angezogen. Das ist eher überraschend und man konnte das im Voraus nicht recht einschätzen. Darum haben wir jetzt ein Problem mit der Versorgung.

In Luzern ist der Impfstoff vielerorts schon ausgegangen. Wie sieht es andernorts aus?

Es ist ein schweizweites Problem. Die Versorgung ist ja nicht kantonal organisiert, sondern über Grosshändler. Da gibt es zwei grosse und eine kleinere Händlerin in der Schweiz, die relevant sind. Und wenn denen der Impfstoff ausgeht, dann ist er in der ganzen Schweiz nicht mehr vorrätig.

Wie bekommt man da überhaupt einen Überblick darüber, wo es noch Impfstoff gibt und wo nicht?

Das weiss man nicht. Beim Grosshändler kann noch Impfstoff verfügbar sein. Möchte man nachbestellen, muss man aber Glück haben. Da muss man den richtigen Moment erwischen. Aber natürlich suchen alle Apotheker und alle Hausärzte im Moment nach Grippeimpfstoffen. Wenn der Grosshändler keinen Impfstoff mehr hat, gibt es keine Übersicht, welche Apotheke noch Impfstoff besitzt. Da muss man dann die einzelnen Apotheken abfragen.

Wann muss man bestellen, um noch Impfstoff zu erhalten?

Ich habe jetzt gerade die Einladung bekommen, meine Bestände und meinen Warenverbrauch für das nächste Jahr anzumelden – also für die Impfungen ab Oktober 2026. Bis Mai muss ich bestellen. Ich muss also im Frühling schon wissen, wie viel wir im Herbst und Winter ungefähr impfen werden. Wenn die Nachfrage kurzfristig steigt, kann der Markt nicht mehr reagieren, weil die Produktion eines Impfstoffs ungefähr vier Monate dauert. Die Herstellung ist sehr aufwendig. Und man kann auch nicht einfach Impfstoff importieren, wenn er fehlt, wie man das mit anderen Produkten kann.

Ist es jetzt nicht sowieso bereits zu spät für eine Grippeimpfung?

Die Grippeimpfungen sollte man eigentlich Anfang bis Mitte November machen, damit man optimal geschützt ist. Impft man sich jetzt, ist man erst ungefähr in der ersten Januarhälfte geschützt. Man ist also zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich schon etwas spät dran.

Bei Leuten mit erhöhtem Risiko ist es nie zu spät, sich gegen die Grippe zu impfen.

In der aktuellen Situation – wo der Impfstoff knapp ist – sollten sich aber sowieso nur die impfen, die ein erhöhtes Risiko haben. Das betrifft ältere Leute oder solche mit Immunkrankheiten. Bei Leuten mit erhöhtem Risiko ist es nie zu spät, sich gegen die Grippe zu impfen.

Das Gespräch führte Brigitte Büchel.

Schweiz Aktuell, 18.12.25, 19 Uhr ; 

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