Wer krank ist in der Schweiz, oder einen Unfall hatte, soll auch in Zukunft rasch und gut versorgt werden – und zwar überall, verspricht Gesundheitsminister Alain Berset.
Vor allem aber in Randregionen, in Bergtälern und abgelegenen Gebieten drohe ein Ärztemangel: «Es gibt viele Hausärzte, die in den nächsten Jahren in Pension gehen werden. Wir sehen schon heute ab und zu, wie schwierig es ist, Nachfolger zu finden.»
Zusätzliche Spezialisten bringen keine Entlastung
Aber nicht nur wo die Ärzte praktizierten sei wichtig, sondern auch welche Dienstleistungen sie anböten, betont Carlo Conti, Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektoren: «Es nützt uns in den Kantonen natürlich nichts, wenn pro Jahr 400 zusätzliche Schönheitschirurgen auf den Markt kommen. Was wir brauchen, sind weniger Spezialisten, sondern Allgemeinmediziner, Grundversorger, Hausärztinnen und Hausärzte.»
Genau dies forderte die sogenannte Hausarztinitiative, die vor fünf Jahren über 200'000 Stimmbürgern unterschrieben wurde und die einiges ausgelöst hat: Inzwischen wird intensiv an einem Masterplan Gesundheit gearbeitet, der die Aus- und Weiterbildung von Hausärzten fördert, und der ihnen auch finanziell entgegen kommt.
Hausärzte hoffen auf Umsetzung des Masterplan
Um 200 Millionen Franken im Jahr will der Bundesrat die Tarife von Spezialärzten kürzen und dafür die Leistungen von Hausärzten aufwerten. Weniger Technik, mehr Gespräche, heisst die Devise. Dies ärgert die Spezialisten und die Vertreter der Spitäler, freut aber die medizinischen Grundversorger.
Die zogen in der Folge ihre Initiative zurück und vertrauen nun ganz auf den vom Parlament mit grosser Mehrheit verabschiedeten Gegenvorschlag. Hausärzte-Präsident Marc Müller: «Wir sind der Meinung, dass der Verfassungsartikel eine Art Garant sein wird, dass alle die Abmachungen aus dem Masterplan auch umgesetzt werden.»
SVP bekämpft Vorlage im Alleingang
Zumal in der Verfassung neu eine Art Lohngarantie für die Hausärzte drinstehen soll. Dies ist denn auch der umstrittenste Teil des neuen Verfassungsartikels, und für SVP-Nationalrat Toni Bortoluzzi Grund, ihn abzulehnen: «Ein Berufszweig mit heute im Schnitt 200'000 Franken Jahreseinkommen braucht keine staatliche Hilfe, um ein angemessenes Einkommen zu erzielen.»
Im Abstimmungskampf wird die SVP allerdings ziemlich alleine dastehen. Doch anders als etwa bei der Zuwanderungsinitiative wird sie sich nicht gross engagieren. Dafür sei die Vorlage nicht wichtig genug, sagt Bortoluzzi.
Der Gesundheitsexperte rechnet denn auch mit einer Niederlage: «Gegen Ärzte, im Besonderen gegen Hausärzte, anzutreten, ist ausserordentlich schwierig. Aber irgendjemand muss auf den Unsinn, der hier Aufnahme in die Verfassung finden soll, hinweisen. Auch wenn das möglicherweise keine Mehrheit finden wird.»
Bald Neuverhandlung der Tarmed-Tarife
Ein Ja am 18. Mai ist also wahrscheinlich, aber ums Eingemachte geht es erst später. Bis Ende 2015 soll die Tarifverordnung Tarmed neu ausgehandelt werden. Dort wird bestimmt, wer was für welche ärztlichen Leistungen erhält. Dann werden die Verhandlungspartner und Interessenvertreter mit sehr viel härteren Bandagen kämpfen.