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Informelle Gesundheitsberatung Wenn Ärzte Zeit haben: Gratissprechstunde im Hotel

Ein Mal monatlich können sich in Lugano Patientinnen und Patienten von Fachärzten beraten lassen – kostenlos. Café Med machts möglich. Die pensionierten Ärztinnen und Ärzte nehmen sich Zeit. Zeugnisse und Rezepte stellen sie allerdings nicht aus.

Es sind Onkologinnen, Radiologinnen, Allgemeinmediziner, Psychologen, Dermatologen und Kardiologinnen: Sie kommen aus den verschiedensten Fachrichtungen. Was sie verbindet: Sie sind alle pensioniert und engagieren sich im Café Med.

ältere Männer und Frauen sitzen um einen Tisch.
Legende: Sie treffen sich ein Mal monatlich in einem Restaurantsaal: Pensionierte Ärztinnen und Ärzte bieten Gratissprechstunden an. Iwan Santoro/SRF

Einmal im Monat treffen sie sich hier zur kostenlosen Sprechstunde. Nachmittags um halb drei bis halb fünf stehen die pensionierten Fachleute den Patientinnen und Patienten zur Seite.

Fragen zu chronischen Krankheiten

«Die Patienten haben zum Beispiel Fragen zu ihren chronischen Krankheiten, etwa Diabetes oder Herzleiden», erklärt Antonella Richetti, pensionierte Radiologin und Onkologin. «Es gibt aber auch Menschen mit ernsteren Erkrankungen. Sie wollen wissen, ob die Behandlung, die sie gerade machen, aus unserer Sicht die richtige ist. Ob es Alternativen gibt, ob sie den richtigen Weg verfolgen.»

Doch Richetti stellt klar: Es gehe nicht um eine klassische Zweitmeinung. Die Ärztinnen und Ärzte stellen keine Rezepte aus und machen keine Untersuchungen. «Wir wollen klären, was die Menschen nicht verstanden haben oder was ihnen fehlt, um eine Entscheidung zu treffen», ergänzt Kollegin Olivia Pagani. «Es ist eine andere Arbeit als der normale Gang zum Arzt.»

Kein Zeit- und Kostendruck

Die Patientinnen und Patienten müssen an diesem Nachmittag nicht warten. Eine 63-jährige Luganesin hat Fragen zu ihrem Cholesterinwert. «Ich habe einfach das Gefühl, dass in der Praxis alles schnell gehen muss, weil das Wartezimmer voll ist und der Arzt deshalb alles hastig erklärt.» Wenn man es nicht gleich verstehe, schäme man sich, nachzufragen. «Jetzt habe ich zufällig diese Initiative gesehen und gedacht: Schön – da gehe ich hin.»

Eine Tafel vor einem Gasthaus wirbt fürs Café Med.
Legende: Ein Mal monatlich lädt das Plakat vor dem Hotelrestaurant nicht zu Kaffee und Kuchen, sondern zur Gratissprechstunde ein. Iwan Santoro/SRF

Sie ist das erste Mal hier und würde wiederkommen: «Es war eine Art Beratung, aber auch einfach ein Gespräch. Ich bin zufrieden, und wenn ich noch Fragen habe, werde ich wiederkommen.»

Mehr Menschlichkeit statt Technik

Zuhören, erklären, beraten – das steht im Zentrum dieses Gratisangebots. Genau das war auch das Ziel der Akademie Menschenmedizin, als sie vor acht Jahren das «Café Med» gründete: keine kommerziellen Interessen, sondern die ganzheitliche Betrachtung des Menschen.

Über das Café Med

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Das Café Med ist ein Angebot der nonformalen Akademie Menschenmedizin (amm):

  • Es wurde 2017 in Zürich gegründet und ist mittlerweile an mehreren Orten vertreten.
  • Heute gibt es das Café Med in Basel, Bern, Chur, Luzern, St. Gallen, Winterthur, Zürich, Lugano, Bellinzona und im Südtirol.
  • Das Angebot von Café Med ist immer kostenlos und stellt die ganzheitliche Betrachtung des Menschen in den Vordergrund.

Das fehle heute immer mehr, sagt der pensionierte Kardiologe Ezio Foglia: «Der junge Arzt, der mit 28 Jahren von der Universität kommt, hat kaum die Möglichkeit, eins zu eins vom alten Arzt zu lernen, der sagt: '‹Komm mal her, hör dir dieses Herz an und sag mir, was du hörst.› So etwas passiert nicht mehr. Das Stethoskop, das wir alle kennen, wird nicht mehr gebraucht.»

Diese Entwicklung erkläre auch die immer höheren Gesundheitskosten, so Foglia. «Einen Patienten zu berühren und zu untersuchen, kostet 100 Franken. Aber wenn wir anfangen, all die technischen Untersuchungen zu machen, kostet das 1500 Franken oder mehr.»

Auch für die Ärztinnen und Ärzte ein Gewinn

Die monatlichen Treffen bringen nicht nur den Patientinnen und Patienten etwas, sondern auch den pensionierten Ärztinnen und Ärzten selbst. Man schätze den Austausch unter den Kolleginnen und Kollegen, welche aus den verschiedensten Fachrichtungen stammen, sagt Hausarzt Markus Huber.

Man spürt, dass dieser Austausch den pensionierten Ärztinnen und Ärzten genauso viel bringt wie den Patientinnen und Patienten.

Rendez-vous, 4.12.2025, 12:30 Uhr;liea

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