- Rund jede siebte Person zwischen 19 und 21 Jahre in der Schweiz hat ein sehr kleines soziales Netzwerk.
- Das zeigt eine neue Erhebung im Auftrag des Bundes.
- Demnach spielt die Familie die zentrale Rolle in der Sozialisation junger Erwachsener.
Basis dieser Resultate ist eine Studie im Rahmen der Jugendbefragungen namens ch-x, früher Rekrutenbefragungen, die am Dienstag veröffentlicht wurde. Befragt wurden dafür rund 64'000 junge Männer sowie etwa 14'000 Frauen. Untersucht wurde die Bedeutung der persönlichen Netzwerke für die Ausbildung und den Einstieg ins Berufsleben, ein bislang weitgehend unerforschtes Gebiet.
«Es handelt sich um die erste Kartografie der persönlichen Netzwerke junger Erwachsener in der Schweiz», sagte Luca Bertossa, wissenschaftlicher Leiter des Projekts, in Bern vor den Medien. Die Studie solle einen Beitrag zur künftigen Jugendpolitik leisten.
Weniger als 9 bedeutende Personen
Ein Fazit der Studie: Die meisten jungen Erwachsenen geben ihr eigenes familiäres Umfeld als wichtigstes persönliches Netzwerk an. Hingegen bezeichnet nur jeder dritte junge Erwachsene einen Partner oder eine Partnerin als bedeutendes Mitglied seines Netzwerks.
Insgesamt habe die Befragung gezeigt, dass viele junge Menschen – trotz sozialer Medien – über kein enorm grosses Netzwerk von 10, 20 oder gar 50 Personen verfügten, sagte Soziologe Eric Widmer von der Universität Genf. Männer geben demnach weniger als 7, Frauen weniger als 9 bedeutende Personen in ihrem sozialen Umfeld an.
Rund 15 Prozent der befragten jungen Menschen sind gemäss der Studie sogar sozial isoliert. Damit bezeichnen die Autorinnen und Autoren Personen mit einem begrenzten Netzwerk bedeutsamer Personen, seltenen Kontakten zu den Mitgliedern ihres Netzwerks und begrenzter verfügbarer Unterstützung in Krisenzeiten.
Viele bleiben in ihrer geografischen Bubble
Der berufliche Status, aber auch die familiäre und finanzielle Situation der Ursprungsfamilie beeinflussen gemäss der Studie die Anzahl und Vielfalt der Kontakte junger Erwachsener erheblich. Beispielsweise haben Jugendliche aus Einelternfamilien oder aus Haushalten mit finanziellen Schwierigkeiten weniger regelmässige Kontakte. «Menschen in solchen Situationen sind doppelt benachteiligt, weil ihnen der Kontakt zu anderen fehlt», heisst es in der Studie.
Eine weitere Erkenntnis aus der Untersuchung ist, dass sich die meisten engen Kontakte von jungen Erwachsenen innerhalb oder in der Nähe ihres Wohnorts befinden. Die Studie förderte auch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Online- und Offlinekontakten zutage. «Es gibt also keine Verdrängung von realen Kontakten durch Onlinekontakte», sagte Widmer.
Nicht bestätigt werde auch die Hypothese, wonach persönliche Netzwerke im Wesentlichen aus Freundschafts- oder Liebesbeziehungen bestünden, die durch einige berufliche Verbindungen ergänzt würden. Auch wenn Freundschaftsbindungen durchaus vorhanden seien, behalte die Familie eine dominante Position in den persönlichen Netzwerken der jungen Erwachsenen.