Die grausamen Massaker, die Ende Oktober in El Fascher im Westen des Sudan verübt wurden, haben auch in der Schweiz viele Menschen schockiert und aufgewühlt.
Im Aussendepartement EDA in Bern wird betont, man beschäftige sich schon länger mit dem Sudan. Darauf verweist auch Sibylle Obrist, stellvertretende Leiterin der Abteilung Frieden und Menschenrechte des EDA.
«Seit der Sahel-Dürre in den 1980er-Jahren sind wir humanitär im Sudan engagiert.» Dieses Engagement sei auch während der schwierigen Phase unter Machthaber Omar al-Bashir durchgezogen worden, so Obrist.
Zudem war die Schweiz 2002 beteiligt, als auf dem Bürgenstock über dem Vierwaldstättersee ein Friedensabkommen für die Nuba-Berge im Süden des Sudan abgeschlossen wurde.
Seit zweieinhalb Jahren Bürgerkrieg
Der erwähnte al-Bashir und seine islamistisch unterstützte Militärdiktatur sind inzwischen nicht mehr an der Macht. Es gab nach seinem Sturz vor mehr als sechs Jahren sogar eine Phase der Hoffnung auf mehr Demokratie, Menschenrechte und Frauenrechte.
Doch die Hoffnung ist verflogen. Seit zweieinhalb Jahren bekämpfen sich rivalisierende Fraktionen des Militärs in einem grausamen Bürgerkrieg. Und in dieser dramatischen Situation versucht die Schweiz wieder die früheren Kontakte zu nutzen. Dabei handle es sich meist um dieselben Akteure. «Und so herrscht ein gewisses Vertrauensverhältnis zwischen der Schweiz und dem Sudan.»
So hat das EDA nach dem Kriegsausbruch 2023 einen vertraulichen Dialog ins Leben gerufen, an dem politische Parteien aus allen Lagern im Sudan teilnehmen.
Vertraulicher Dialog
Die Vertraulichkeit sei sehr wichtig, betont Sibylle Obrist vom Aussendepartement. Weder Ort noch Inhalt der Diskussionen werde bekanntgegeben. Nur so sei eine Annäherung möglich.
Seit Kriegsbeginn haben fünf solcher Treffen stattgefunden. Das letzte gerade vor zwei Wochen in der Schweiz, wie Sibylle Obrist bestätigt. «Es war bemerkenswert zu sehen, wie viel Vertrauen in diesen Dialogrunden aufgebaut werden konnte.» So habe der Austausch stattfinden können, obschon gerade die Massaker in El Fascher bekannt geworden seien.
Man muss mit jenen Staaten sprechen, die involviert sind. Nur so ist humanitäre Hilfe überhaupt möglich.
An diesen informellen Treffen nehmen zwar nicht die sudanesischen Kriegsherren teil, die letztlich über einen Waffenstillstand entscheiden müssen. Trotzdem hofft das EDA, dass durch Fortschritte im politischen Dialog ein gewisser Druck aufgebaut wird.
Auch mit den VAE wird geredet
Daneben engagiert sich die Schweiz in der sogenannten ALPS-Gruppe, die sich für den Schutz der Zivilbevölkerung und für mehr humanitäre Hilfe einsetzt. Die Schweiz arbeitet dort Seite an Seite mit Vertretern der UNO, der Afrikanischen Union, den USA, Ägyptens, Saudi-Arabiens und den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Dabei ist vor allem die Zusammenarbeit mit den VAE umstritten. Denn dieser Staat unterstützt laut unabhängigen Expertenberichten mit Geld und Waffen die sudanesischen RSF-Milizen. Diese wiederum werden für die grausamen Massaker in El Fascher verantwortlich gemacht.
Sibylle Obrist kennt diese Kritik, gibt aber zu bedenken: «Man muss mit jenen Staaten sprechen, die involviert sind. Nur diese können auf die Kriegsparteien Druck ausüben, damit humanitäre Hilfe im Sudan überhaupt möglich wird.»
Derzeit ist kein Frieden im Sudan in Sicht. Aber die Bemühungen gehen weiter.