Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

Knausriger Kanton Aargau Angst vor Schulden: Aargauer Studierende meiden Kantonsdarlehen

Ein Bericht kritisiert das neue Aargauer Stipendiengesetz. Die Regierung hält trotz tiefer Stipendienquote daran fest.

Aargau gilt als knausrig: Der Kanton Aargau liegt bei der Stipendienquote deutlich unter dem Schweizer Schnitt. «Der Kanton Aargau hatte 2023 mit 5347 Franken schweizweit das tiefste Durchschnittsstipendium der Tertiärstufe», heisst es im Bericht des Büros für Arbeits- und sozialpolitische Studien BASS. Den Bericht hatte die Regierung in Auftrag gegeben. Aargauer Parlamentarierinnen und Parlamentarier von SP, GLP, Grünen, EVP und der Mitte verlangten von der Aargauer Regierung, dass die Auswirkungen des Modells überprüft werden.

Das Aargauer Stipendienmodell: 2018 nahm das Stimmvolk das Aargauer Stipendiengesetz an. Seither müssen Aargauer Studierende einen Drittel ihres Stipendiums als Kredit aufnehmen und später zurückzahlen. Das Darlehen beträgt höchstens 16'000 Franken pro Jahr. Der Rest wird mit Stipendiengeldern vom Kanton gedeckt. Dieses Splittingmodell (Stipendium plus Darlehen) ist umstritten.

Mann in rotem Hemd studiert in einer Bibliothek.
Legende: Der Bericht kommt auch zum Schluss: Der Kanton Aargau unterstützt überdurchschnittlich viele Studierende, deren Eltern keinen Hochschulabschluss haben. Keystone/Gaetan Bally

Weniger Anträge: Der Bericht zeigt, dass nur ein Drittel der Studierenden, die Stipendien beantragen, auch ein Darlehen verlangen. Vor der Revision unterstützte der Kanton Aargau rund 1200 Personen finanziell mit einem Stipendium von 8900 Franken. Nach der Revision waren es noch gut 950 Personen, mit einem Stipendium von 5300 Franken. Zudem hat sich die Summe der Stipendien halbiert. «Damit wurden 2023 trotz Bevölkerungswachstum deutlich weniger Personen unterstützt als vor der Revision. Und dies mit einem deutlich geringeren Betrag», heisst es im Bericht.

Viele Studierende mit Nebenjobs: Über 65 Prozent der Studierenden verzichten auf das Aargauer Splittingdarlehen. Sie versuchen das fehlende Geld selbst aufzutreiben. Hauptgrund dafür sei die Angst vor Überschuldung. Fachstellen raten den Studierenden gemäss Bericht davon ab, sich zu verschulden. «Aargauer Stipendienbezügerinnen und -bezüger haben eine überdurchschnittlich hohe Erwerbstätigkeit neben dem Studium», heisst es im Bericht weiter. Die meisten würden als Nebenjob eine einfache Tätigkeit ausüben.

Studentin mit Taschenrechner in Vorlesungssaal.
Legende: Aargauer Studierende gehen überdurchschnittlich oft Nebenjobs nach, sagt eine externe Evaluation im Auftrag des Kantons. Man müsse das Aargauer Splittingmodell hinterfragen, rät der Bericht. Keystone/Gaetan Bally

Verband fordert Massnahmen: «Man ist enttäuscht und konsterniert», sagt Daniel Hotz, Geschäftsführer vom Verband Bildung Aargau. Die Aargauer Regierung solle das Stipendiengesetz, ursprünglich eine Sparmassnahme, wieder ändern. «Die Studierenden verlieren Zeit. Wenn sie schneller ihr Studium beenden könnten, weil sie nicht nebenbei noch arbeiten müssten, wären sie schneller auf dem Arbeitsmarkt», sagt Daniel Hotz mit Blick auf den Fachkräftemangel.

Menschen in einem Hörsaal während einer Vorlesung.
Legende: Nicht alle vermögen ein Studium. Aktuell vergibt der Kanton Aargau weniger Stipendien als vor der Umstellung des Vergabemodells. Das sei so gewollt, sagt die Regierung. Keystone/Gaetan Bally

Änderung empfohlen: «Aufgrund der Resultate der Evaluation ist das Splittingmodell grundsätzlich zu hinterfragen«, schreibt das externe Büro in seinem Bericht. Als mögliche Massnahmen schlägt der Bericht vor, dass der Aargau das Splittingmodell abschafft. Denkbar sei auch eine bessere Information, um den Studierenden die Angst vor einem Darlehen zu nehmen.

Regierung bleibt dabei: Aus Sicht des Regierungsrats bestehe kein Handlungsbedarf, schreibt er. Das Volk habe die Änderung an der Urne 2018 bestätigt. «Die nun vorliegenden Ergebnisse entsprechen den damals angekündigten Konsequenzen.» Ob Studierende aus dem Aargau wegen ihrer Nebenjobs länger studieren, könne nicht systematisch nachgewiesen werden. Die Anzahl Studienabbrüche sei «moderat». Immerhin: Falls der Bund ab 2027 Grundbeiträge an die Hochschulen senkt, dann wolle die Regierung über die Aargauer Stipendien nachdenken.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 23.12.2025, 6:31 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel