Die Gleichstellung von Frau und Mann ist der Genfer Regierungsrätin Nathalie Fontanet eine Herzensangelegenheit. Die FDP-Finanzdirektorin und oberste Personalchefin fördert Frauen seit Jahren.
In der Genfer Verwaltung gebe es keine Lohnunterschiede, sagt sie. Die Frauen trügen mehr Verantwortung denn je: «Im Jahr 2017 waren 36.5 Prozent der Chefposten von Frauen besetzt, 2024 waren es bereits 43.8 Prozent.»
Fontanet und ihre Regierungskollegen aus der Waadt, Neuenburg, Freiburg und dem Wallis gehen nun einen Schritt weiter. Sie gründen an der Fachhochschule in Sitten ein Zentrum für die Kontrolle der Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern.
Firmen müssen mit Stichproben rechnen
Das Zentrum soll bei Unternehmen und Institutionen, die einen staatlichen Auftrag oder Subventionen erhalten, die Lohngleichheit überprüfen. Das soll nicht flächendeckend geschehen, sondern über Stichproben.
Das sei ein Meilenstein, sagt Sophie Delessert. Sie ist Gleichstellungsbeauftragte im Kanton Freiburg und Vorsitzende der Westschweizer Gleichstellungsbüros. «Die Gleichstellung ist seit 1981 in der Verfassung verankert. Trotzdem ist sie noch immer nicht verwirklicht», sagt sie.
Mehr als die Hälfte der Unternehmen respektiert das Lohngleichheitsgebot nicht.
Institutionen oder Unternehmen, die Geld vom Staat erhalten, müssten sich zwar schon jetzt zur Lohngleichheit verpflichten, aber nur sehr wenige willigten freiwillig in eine Analyse ein, bemängelt Delessert.
Bei Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden sei eine Analyse seit 2020 sogar obligatorisch. Die Resultate zur Lohngleichheit seien ernüchternd. «Mehr als die Hälfte der Unternehmen respektiert sie nicht, wie eine Studie des Eidgenössischen Justizdepartements zeigt», so Delessert.
Bern macht vor, wie es geht
Lohnkontrollen eingeführt hat bereits der Kanton Bern. Dort ist das kantonale Gleichstellungsbüro dafür zuständig. «Wir wählen die Unternehmen im Beschaffungswesen zufällig für eine Kontrolle aus», sagt Leiterin Barbara Ruf. Jährlich seien das bis zu 15 Kontrollen, die von einem unabhängigen Expertenbüro durchgeführt würden.
Je mehr Kantone ähnliche Instrumente einsetzen, desto grösser ist die Wirksamkeit.
Die Daten werden dann miteinander verglichen, wobei ein Grenzwert nicht überschritten werden darf. Unerklärte Lohnungleichheiten müssen korrigiert werden, sonst drohen Sanktionen. «Es droht eine Busse oder ein Ausschluss von öffentlichen Beschaffungen für eine Dauer von bis zu fünf Jahren», erklärt Ruf.
Sie begrüsst die Initiative der fünf Westschweizer Kantone, denn schliesslich mache das Beschaffungswesen nicht an Kantonsgrenzen Halt. «Je mehr Kantone ähnliche Instrumente einsetzen, desto grösser ist die Wirksamkeit», ist sie überzeugt.
Darum wünscht sich Genfs Finanzdirektorin Fontanet, dass auch andere Deutschschweizer Kantone mitziehen. Man wolle von der Romandie aus denn auch die Deutschschweiz inspirieren, so die freisinnige Politikerin.