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«No Billag»-Initiative 71,6 Prozent sagen Nein zur Vorlage

Die «No Billag»-Initiative ist gescheitert. Die Rundfunkgebühren werden nicht abgeschafft.

«No Billag»-Initiative

Eidg. Vorlage: Volksinitiative «Ja zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren»

  • JA

    28.4%

    833'630 Stimmen

  • NEIN

    71.6%

    2'098'139 Stimmen

Standesstimmen

  • JA

    0.0

  • NEIN

    23.0

  • Die «No Billag»-Initiative ist abgelehnt. Alle Kantone sagten Nein zu der Vorlage. Die Schweizer Stimmberechtigten lehnte die Volksinitiative mit 71,6 Prozent ab. Die Stimmbeteilung lag bei rund 54 Prozent.
  • SRG-Generaldirektor Gilles Marchand kündigte nach dem deutlichen Nein ein Reformpaket an.
  • Die Diskussion über die Aufgaben der SRG und die Höhe der Gebühren ist mit der Abstimmung nicht beendet.

2'098'139 Personen stimmten Nein, 833'630 nahmen die Initiative an. In der Romandie wurde das Volksbegehren am deutlichsten abgelehnt. Den höchsten Nein-Stimmen-Anteil verzeichnete der Kanton Neuenburg mit 78,3 Prozent, gefolgt von den Kantonen Jura (78,1), Freiburg (77,6), Graubünden (77,2) und Waadt (76,5).

Eher überraschend deutlich scheiterte die Vorlage im Tessin. Das RSI gilt seit jeher als Zankapfel. 65,51 der Stimmenden lehnten die Vorlage jedoch ab.

Die höchste Zustimmung für «No Billag» gab es im Kanton Schwyz mit 37,6 Prozent und Schaffhausen mit 37,3 Prozent.

Bundesamt für Statistik (BFS)

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Kantons- und Bezirksergebnisse - kartographisch visualisiert, hier im Detail.

Hohe Stimmbeteiligung

Die Vorlage lockte mit rund 54 Prozent überdurchschnittlich viele Stimmberechtigte an die Urne. Am höchsten war die Stimmbeteiligung wie üblich im Kanton Schaffhausen, dem Kanton mit dem faktischen Stimmzwang. 68,4 Prozent der Stimmberechtigten beteiligten sich dort an der Abstimmung über die «No Billag»-Initiative.

«Direkte Demokratie hat gut funktioniert»

Video
Schlussanalyse von Lukas Golder
Aus News-Clip vom 04.03.2018.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 32 Sekunden.

Für den Politologen Lukas Golder hat am heutigen Abstimmungstag der Politmotor der direkten Demokratie rund funktioniert. Das grosse Behördenvertrauen und die Zustimmung zu den Institutionen sei bestätigt worden.

«Eigentlich hat man einen prototypischen Verlauf für Inititativen erlebt. Man sagt ja, Initiativen bewirken etwas, auch wenn sie abgelehnt werden», sagt Golder. Die Initiative sei ein Ventil, um ein Thema, das man sonst nicht so intensiv diskutiert hätte, aufs Tapet zu bringen. «Die Luft ist von aussen ins System hineingekommen, die SRG hat sich bewegt», fasst Golder zusammen.

Der Gewinner ist für den Politikwissenschaftler der Bundesrat, insbesondere Doris Leuthard. «Sie hat versucht zu moderieren, wie es mit der SRG in Zukunft weitergehen soll. Das ist ihr gelungen.» Als Verlierer sieht Golder den Gewerbeverband. Er habe mit seiner Fehde mit Leuthard eine prominente Rolle im Ja-Lager übernommen, am Ende sei es aber für viele KMU nicht so klar gewesen, dass man die SRG und die Gebühren im Grundsatz hinterfragen solle. «Am Schluss stand der Gewerbeverband etwas alleine da.»

Marchand will Neustart

Video
Medienkonferenz der SRG-Führung
Aus News-Clip vom 04.03.2018.
abspielen. Laufzeit 12 Minuten 25 Sekunden.

SRG-Generaldirektor Gilles Marchand hat auch nach dem deutlichen Nein zur «No Billag»-Initiative den Willen bekräftigt, das Unternehmen effizienter zu gestalten. Er kündigt wegen der Gebührensenkung, der Plafonierung der Einnahmen und der sinkenden Werbeerlöse Sparmassnahmen in der Höhe von 100 Millionen Franken an.

Die SRG werde bei der Infrastruktur, in der Verwaltung, in der Technik, bei den Immobilien, den Produktionsprozessen und in der Distribution sparen und effizienter werden. Das werde auch Auswirkungen auf die Zahl der Arbeitsplätze haben.

In Zukunft sollen 50 Prozent der Gebührengelder der SRG in die Information fliessen, wie Marchand weiter bekanntgab. Zusätzlich würden künftig Spielfilme nicht mehr von Werbung unterbrochen. Auch auf Texte ohne Verbindung zu einem Audio oder Video auf den Informations-Online-Seiten werde man verzichten. Ausserdem will die SRG den privaten Schweizer Medienanbietern ihre Archivinhalte zur Verfügung stellen. Sie wolle weiter auch keine regionale zielgruppenspezifische Werbung anbieten, auch wenn das dereinst regulatorisch möglich würde, sagte Marchand.

Deutliche Worte von Leuthard

Aus Sicht von Medienministerin Doris Leuthard zeigt das Resultat zur «No Billag»-Initiative, dass die Bevölkerung mit dem öffentlichen Radio und Fernsehen verbunden ist.

Wenn eine Initiative mit 71 Prozent und mehr abgelehnt werde, spreche man in der Regel von einem «Absturz», einer «Klatsche». Die Initianten sollten in einem solchen Fall ihre Niederlage eingestehen und «nicht zehn Minuten später mit grossen Forderungen an den Bundesrat gelangen».

Verleger fordern Grenzen für SRG

Für den Verband Schweizer Medien (VSM) ist mit dem Nein die Diskussion um die SRG nicht vom Tisch. Die SRG dürfe nicht weiter expandieren, sondern müsse sich klar auf die Information fokussieren, so der VSM: Es brauche nun eine «trennscharfe Definition des Service-public-Auftrags der SRG».

Gewerkschaften erleichtert

Die Gewerkschaften sind erleichtert, dass mit der klaren Ablehnung der «No Billag»-Initiative Massenentlassungen bei den Radio- und Fernsehsendern verhindert werden können. Die Stimmbevölkerung habe ausserdem ein Zeichen gesetzt, dass sie nicht auf starke Medien verzichten wolle.

«Die Bevölkerung ist bereit, ihren Beitrag an die Qualitätsmedien zu leisten», schrieb etwa der Berufsverband Impressum. Mit dem Nein gewännen neben der Demokratie auch die Regionen, die weiterhin auf ihre Lokalmedien zählen könnten.

Für das Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM) dürften die angekündigten Reformen kein Abbauprogramm sein, sondern dazu beitragen, die Schweizer Medienlandschaft «robuster und krisenresistenter» zu machen.

Fortsetzung folgt

Die Diskussion über die Höhe der Gebühren ist noch nicht zu Ende. Mit dem Wechsel zur allgemeinen Abgabe sinkt der Betrag für Haushalte 2019 von heute 451 Franken auf 365 Franken im Jahr. Bereits sind jedoch parlamentarische Vorstösse für einen tieferen Betrag angekündigt worden.

«No Billag»-Gegner wiederum stellen sich auf den Standpunkt, nach dem klaren Votum dürfe nicht länger an der SRG «gesägt» werden. Es brauche nicht weniger, sondern einen zeitgemässen Service public, fordern sie. Aus dieser Ecke ist eine Volksinitiative zur «Medienvielfalt im digitalen Zeitalter» angekündigt worden.

Video
SRF-Bundeshausredaktor Christoph Nufer zum Druck auf die SRG
Aus News-Clip vom 04.03.2018.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 48 Sekunden.

Neues Mediengesetz

Auch der Bundesrat will die Regeln ans Internetzeitalter anpassen. Bis im Sommer will er den Entwurf für ein neues Mediengesetz vorlegen. Zur Diskussion steht eine direkte Medienförderung. Aus staats- und demokratiepolitischen Gründen müsse es das Ziel sein, Vielfalt und Qualität im Journalismus zu sichern, erklärte Medienministerin Doris Leuthard in einem Interview.

Der Bundesrat denke deshalb darüber nach, mit den bestehenden Mitteln künftig neben Radio und Fernsehen auch Online-Medien und die Nachrichtenagentur SDA finanziell zu unterstützen. Die Stossrichtung hatte der Bundesrat bereits in einem Bericht von 2016 vorgegeben.

Neue Konzession

Bereits begonnen hat die Vernehmlassung zur neuen SRG-Konzession, die ab 2019 gelten soll. Die Programme von Radio und Fernsehen SRF sollen sich stärker von jenen der Privaten abgrenzen. Zudem soll die SRG vermehrt Kooperationen mit Privaten eingehen. Mindestens die Hälfte der Empfangsgebühren soll in die Information fliessen.

Weiter will der Bundesrat der SRG künftig zielgruppenspezifische Werbung erlauben. Diese Werbeform soll aber beschränkt werden. Insbesondere darf sie sich nicht an regionale Zielgruppen richten. Die Verleger kritisierten die Pläne in der Vernehmlassung zur Revision der Radio- und Fernsehverordnung dennoch.

Bei einem Ja zur «No Billag»-Initiative wären die Radio- und Fernsehgebühren abgeschafft worden. Neben der SRG wären auch Privatradios, regionale Fernsehsender sowie die Schweizer Film- und Musikszene betroffen gewesen.

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