Der Nebel hängt mystisch über dem Gewässer, es ist kalt. Das Wetter mutet eher nach gemütlichem Zu-Hause-Sitzen an. Trotzdem tummeln sich zahlreiche, dick eingepackte Menschen mit Feldstechern und Kameras am Arboner Bodenseeufer. Der Grund: die Ringschnabelente.
In der Bucht treiben wohl über Tausend hier heimische Enten. Den Schnabel tief ins Federkleid gesteckt. Die sogenannten Birdies, wie sich Hobby-Ornithologinnen und -Ornithologen selbst nennen, haben ein Ziel: Das perfekte Foto der einzigen Ringschnabelente, die sich irgendwo unter den vielen Enten versteckt.
«Gefunden!» Der 14-jährige Louis und die 21-jährige Alina sind zwei der Dutzenden Birdies, die sich in den letzten Tagen immer wieder in Arbon TG eingefunden haben. Louis erklärt: «Weil sie oft schläft, ist es schwierig, die Ente zu erkennen. Dann sieht man den Ring am Schnabel nicht.»
Wohl ein Sturm als Transportmittel
Der markante weisse Ring am schwarzen Schnabel – die Ringschnabelente hat ihren Namen nicht von irgendwo. Und als sie in einem kurzen Moment den Kopf hebt, gelingt das perfekte Foto. Wie findet man unter Hunderten Enten die eine richtige? Louis sagt: «Glück.»
Wie der seltene Gast aus Nordamerika genau zum Bodensee gelangte, ist unklar. Oftmals liegt der Ursprung für solch aussergewöhnliche Reisen in einem Sturm. Vögel oder Enten geraten in Stürme und werden so fort getrieben – weit weg von ihrer eigentlichen Heimat.
«Wenn man sich überlegt, wie die Ente wohl hierhin gekommen ist», sagt Alina. Die Faszination ob der Entdeckung steht den jungen Birdies ins Gesicht geschrieben. Die beiden gehören zu einer Gruppe über dreissig junger Leute aus der Region Zürich, die alle die gleiche Leidenschaft haben.
Internetmeldung lockt weitere Birdies an
Die Faszination zu beschreiben, sei schwierig, sagt Alina. «Es macht einfach mega Freude, wenn man coole, seltene Arten wie diese sieht. Mit der Zeit macht es auch Freude, die Tiere bestimmen zu können. Und noch besser ist es, wenn Freunde die Begeisterung dafür teilen.»
Wer einen Vogel oder eine Ente entdeckt, kann diese auf einer Internetplattform eintragen. Als Louis am frühen Morgen als einer der ersten am Arboner Ufer sein Stativ mit dem Fernrohr aufstellt und die Ringschnabelente entdeckt, trägt er dies ein. Und prompt: Zahlreiche Vogelbeobachterinnen und -beobachter ziehen nach und gesellen sich dazu. «Wegen der Meldung.»
Eine zweite Sichtung der Ringschnabelente gab es in Münsterlingen, ebenfalls am Thurgauer Bodenseeufer. Louis und Alina wollen sich auch da noch auf die Lauer legen. Auch da werden sie nicht die einzigen sein, die trotz Kälte und Nebel stundenlang am See stehen und Enten beobachten.