Am Sonntag hat nach Laax und Falera auch in Flims die Mehrheit der Bevölkerung dem Kauf des Skigebiets auf deren Boden zugestimmt. Die drei Bündner Gemeinden wollen so die Kontrolle über die sogenannte Weisse Arena behalten und verhindern, dass ausländische Investoren das Skigebiet übernehmen, wie es zum Beispiel in Andermatt der Fall ist. Jürg Stettler, Leiter des Instituts für Tourismus und Mobilität an der Hochschule Luzern, schätzt den Entscheid ein.
SRF News: Ist diese Angst vor ausländischen Investitionsgesellschaften berechtigt?
Jürg Stettler: Das kommt auf die konkrete Situation eines Skigebietes an. Sobald ein Skigebiet an sich attraktiv ist und gleichzeitig auffällige Probleme hat in Bezug auf die Finanzierung oder Eigentümerschaft, dann kann es durchaus sein, dass ausländische Investoren Interesse haben. Bergbahnen sind sogenannt systemrelevant für eine Destination, für ein Skigebiet oder für eine Region. Wenn nun ein ausländischer Investor kommt, der vielleicht andere Interessen verfolgt als die Destination als Ganzes, kann das zu Interessen- oder Zielkonflikten führen. In den meisten Skigebieten, Bergregionen versucht man daher, die Kontrolle über die Bergbahnen zu behalten, wenn das möglich ist.
In Andermatt-Sedrun hat Vail Resorts die Infrastruktur am Berg übernommen. Dort blieben schlechte Erfahrungen bisher aus.
Ja, zugleich ist Andermatt ein Sonderfall mit dem Investor Samih Sawiris, der die Entwicklung über seine Investitionen in das Resort massgeblich bestimmt. Sawiris hat entschieden, ob Vail Ressorts zum Zug kommt oder nicht. Crans-Montana war in einer Notlage mit einem anderen ausländischen Investor, mit dem sie nicht glücklich waren. Aber jede Situation, jedes Investments eines ausländischen Investors hat eine eigene Konstellation, eine eigene Geschichte. Da muss man jeden Fall einzeln betrachten und Vergleiche sind nur bedingt möglich.
Sehen Sie trotzdem auch Vorteile, wenn ein ausländischer Investor sich am Berg beteiligt?
Ja. Wenn ein ausländischer Investor mit seinen Investitionsabsichten, Entwicklungsbestrebungen und Interessen der Destination übereinstimmt, dann kann das durchaus gewinnbringend sein für beide Seiten. Nur ist wahrscheinlich nicht immer klar, welche Interessen ein Investor verfolgt und ob das mittel- und langfristig auch immer übereinstimmend ist. Der wahrscheinlichste Grundreflex bleibt die Befürchtung, dass die Gefahr von Konflikten bei einem ausländischen Investor grösser ist als bei einem Schweizer Investor.
Flims, Laax und Falera kaufen sich das Skigebiet und tragen dann alle Risiken, verpachten es aber wieder an die Betreiber. Sie können operativ nicht mehr mitreden. Welche Risiken gibt es für so eine Lösung?
Aus einer finanztechnischen Perspektive der Wirtschaftsertragskraft der Gemeinde besteht sicher im Umfang der Investition ein Risiko. Kann sich eine Gemeinde ein solches finanzielles Engagement leisten oder übersteigt dies die finanziellen Möglichkeiten? Da kann ich kein Urteil abgeben, weil ich die Finanzsituation zu wenig konkret kenne und kein Experte in dieser Fragestellung bin. Aber die grundsätzliche Überlegung, die Mehrheit an einer Bahn zu haben und dann einen Betreiber zu suchen, ist durchaus schlüssig und sinnvoll. Und die Risiken sind sicher wesentlich geringer, als wenn man die Mehrheit an einer Bahn einem ausländischen Investor überlässt.
Das Gespräch führte Isabelle Maissen.