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Schäden durch invasiven Käfer Der Japankäfer frisst sich durch die Schweizer Weinreben

Der Japankäferbefall hat sich 2025 auf weitere Kantone ausgedehnt und im Tessin an Reben erhebliche Schäden angerichtet: Insgesamt wurden zehn Millionen Käfer alleine im Tessin gefangen. Neu sind auch die Kantone Bern und Graubünden betroffen. Die bisherige Strategie des Bundes wird nun geändert.

Der Anfang war vergleichsweise harmlos: Ein paar wenige, hübsch glänzende Käfer landeten 2017 in aufgestellten Fallen im Tessin, dann machte es sich der braungrüne Japankäfer im Mendrisiotto bequem. Doch 2025 wurden im Tessin bereits um die zehn Millionen Japankäfer eingesammelt.

Käfer frisst sich durch Weinreben

Damit nicht genug: Der invasive Käfer hat es neuerdings auf Weinreben abgesehen und erstmals erhebliche Schäden im Tessin angerichtet. Zum Beispiel bei Weinbauer Mattia Vossen. Wegen des Käfers fehlen in diesem Jahr etwa 50 Prozent der Ernte am Weinberg in Stabio. Das ganze Ausmass der Schäden im Tessin konnte noch nicht beziffert werden.

Mann prüft Reben im Weinberg.
Legende: Weinbauer Mattia Vossen hat einen Ernteausfall wegen des Japankäfers zu beklagen. SRF

Auf einem seiner Felder zeigt Winzer Vossen auf abgefressene Blätter. «Das sind nur noch die Adern des Blatts da. Es waren etwa 20 Käfer pro Blatt und mindestens 200 an jeder Pflanze.»

Person hält trockenes Moos in der Hand.
Legende: Der Japankäfer frisst über 400 verschiedene Nutz- und Zierpflanzen. SRF

Es sei deprimierend, ein Jahr lang dafür zu arbeiten und dann so etwas erleben zu müssen, erklärt er. Das, was der Tessiner Weinbauer erlebt hat, könnte auch anderen Bauern drohen. Dabei ist es fast schon egal, was sie anpflanzen.

Alpen als Barriere nutzlos

Denn Käfer und Käferlarven fressen vom englischen Rasen über Rosen bis zum Aprikosenbaum alles, was ihnen zwischen das Mundwerkzeug kommt: Über 400 Nutz- und Zierpflanzenarten stehen laut dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) auf dem Speiseplan des Japankäfers.

Wir müssen davon ausgehen, dass der Käfer sich auf der Nordseite etablieren und ausbreiten wird. Wir werden ihn nicht mehr los.
Autor: Peter Kupferschmied Co-Leiter des Eidgenössischen Pflanzenschutzdienstes

Der Käfer rückt vor: In früheren Jahren gingen die Experten davon aus, dass er auf der Alpensüdseite bleiben würde, dass die Alpen die Alpennordseite wie eine Barriere schützen würden. Doch diese Einschätzung war falsch, wie das BLW auf Anfrage bestätigt. «Wir müssen davon ausgehen, dass der Käfer sich auch auf der Nordseite etablieren und ausbreiten wird. Wir werden ihn nicht mehr los», erklärt Peter Kupferschmied, Co-Leiter des Eidgenössischen Pflanzenschutzdienstes und Fachbereichsleiter BLW.

Nahaufnahme eines schillernden Käfers auf einem Blatt.
Legende: Mittlerweile sorgen sich schon die Winzerinnen und Winzer im Wallis vor dem verfressenen Japankäfer. Getty Images / Christopher O’Donnell

Gemäss Recherchen von SRF ist der Japankäfer in diesem Jahr in 13 Kantonen aufgetaucht, darunter neu auch in den Kantonen Bern und Graubünden. Die Anzahl Funde variiert stark, teilweise wurden nur ein paar wenige Käfer gefunden.

Offenbar reisen sie gerne per Anhalter mit, denn gerade bei Raststätten oder entlang von Verkehrsrouten wurden die invasiven Käfer häufig gefunden.

Graubünden und Wallis als nächste?

Auch wenn nur einige wenige Käfer gefunden werden, ist das ein ernstzunehmendes Zeichen, wie die Zahlen aus dem Kanton Tessin zeigen. In den letzten Jahren wurden im Tessin zwischen 2 und 4 Millionen Käfer gefunden. Die Zahl von 10 Millionen in diesem Jahr zeigt, wie schnell es gehen kann. Deshalb sei es wichtig, auch wenige Funde ernst zu nehmen, heisst es von verschiedenen Experten auf Anfrage. Im Kanton Graubünden beispielsweise wurden heuer knapp 100 Käfer in Fallen gefunden. 2026 werde man deutlich mehr Fallen aufstellen und versuchen, so viele Käfer wie möglich zu fangen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.

Hand hält Erde mit blauem Handschuh.
Legende: Da der letzte Sommer eher nass war, haben sich die Larven gut entwickelt – die Ausbreitung des Japankäfers könnte fürs nächste Jahr noch schlimmer werden. SRF

Die Sorge bei den Winzerinnen und Winzern im Kanton Wallis ist bereits spürbar, heisst es auf Anfrage von SRF. Es sei eine Frage der Zeit, bis der Japankäfer auch im Wallis Schaden anrichte – der Käfer hänge wie ein Damoklesschwert über den Reben. Die Winzerinnen und Winzern hoffen nun auf den Kanton, der wo nötig Massnahmen ergreife.

Mit Hunden und Pflanzen in den Kampf

Ein Wundermittel gegen den Japankäfer gibt es nicht. «Aktuell gibt es kaum Mittel, die wirklich wirksam sind und man muss die bestehenden Massnahmen miteinander kombinieren, sonst hat man keine Chance gegen die Käfer», erklärt Peter Kupferschmied vom BLW. Das macht auch dem Obstverband sorgen. Deren Präsident Jürg Hess sorgt sich vor allem um die Beeren- und Steinobstkulturen, weil die dann reif sind, wenn der Käfer schlüpft und hungrig ist.

Wenn wir die Ernährungssicherheit und die Produktion von Nahrungsmitteln in diesem Land aufrechterhalten wollen, dürfen wir die Forschung nicht vernachlässigen.
Autor: Jürg Hess Präsident Schweizer Obstverband

Man dürfe das nicht auf die leichte Schulter nehmen «und denken, das regelt sich von alleine», so Hess. «Die Politik muss dazu animiert werden, Forschungsgelder dafür nicht zu streichen. Wenn wir die Ernährungssicherheit und die Produktion von Nahrungsmitteln in diesem Land aufrechterhalten wollen, dürfen wir die Forschung nicht vernachlässigen.»

An verschiedenen Orten in der Schweiz wird an Massnahmen gegen den Japankäfer geforscht. An der Zürcher Fachhochschule für angewandte Wissenschaft ZHAW in Wädenswil läuft ein Projekt, bei dem ein Spürhund auf den Geruch der Käferlarven trainiert wird. Im Tessin bei Agroscope in Cadenazzo sammelt Forscher Attilio Rizzoli Informationen zu Käfer-Nahrungspflanzen, welche zum Beispiel in der Nähe von Weinbergen gepflanzt werden könnten, um die Käfer von den Trauben fernzuhalten.

Natürliche Fressfeinde reichen nicht aus

Box aufklappen Box zuklappen

Die Natur arbeitet laut Forscher Attilio Rizzoli natürlich auch mit. Irgendwann würden – wie in seiner Heimat Asien – natürliche Fressfeinde wie Vögel oder Spinnen den Japankäfer fressen. «Aber leider werden sie nicht in der Lage sein, ausreichend kontrollierende Wirkung auf die Käferpopulation zu haben, was die Kulturpflanzen betrifft», beschreibt Rizzoli die Situation in der Schweiz.

Beim Bundesamt für Landwirtschaft wird nun die neue Situation analysiert, die der Japankäfer in der Schweiz 2025 geschaffen hat. Denn auf der Alpennordseite galt zuvor die Strategie, Käferpopulationen gar nicht entstehen zu lassen, sondern sie sofort zu tilgen. Das ging nicht auf, die Strategie wird geändert. Nun heisst es, die Verbreitung des Käfers möglichst zu stoppen.

Welche weiteren oder neuen Massnahmen dabei helfen sollen, ist noch unklar. Zusammen mit den Kantonen und dem Branchenverband werde man über weitere Massnahmen sprechen und sich bereit machen für den Frühling und Frühsommer, wenn die nächste Käfergeneration schlüpft und ausfliegt.

10vor10, 29.10.2025, 21.50 Uhr;liea

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