Kein anderer Kanton in der Schweiz hat solch hohe Emissionen von Ammoniak wie der Kanton Luzern. Der Grund: Luzern hat schweizweit am meisten Nutztiere pro Fläche. Schweine, Kühe und Hühner. Wenn sich der Kot und der Urin der Tiere vermischen, entsteht ein Gas: Ammoniak. Und wenn zu viel davon in die Luft gelangt, ist es schlecht für die Umwelt.
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Bild 1 von 2. Der Kanton Luzern ist auch als Schweinekanton bekannt. Lange Zeit lebten mehr Säuli als Menschen im Kanton. Bildquelle: Keystone/Christian Beutler.
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Bild 2 von 2. Die Landwirtschaft ist zu über 90 Prozent für die Ammoniakemissionen verantwortlich. Bildquelle: Keystone/Urs Flüeler.
Bis 2030 will der Kanton Luzern die Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft deutlich reduzieren. Er hat dazu vor fünf Jahren zusammen mit der Branche und Naturschutzorganisationen ein Programm lanciert.
Auf neun Massnahmen haben sie sich geeinigt. Einige Beispiele: Bauern sollen die Gülle nur noch mit Schleppschläuchen auf die Wiese austragen, Tiere ein anderes Futter bekommen und Güllenlager abgedeckt werden.
Falsche Berechnung
Die Massnahmen zeigen erste Erfolge: Nach fünf Jahren haben sie 11 Prozent weniger Ammoniak in der Luft geführt. Das Ziel, die Emissionen mittels dieser Massnahmen bis 2030 um 20 Prozent zu senken, ist jedoch kaum mehr erreichbar. Denn der Kanton hat den Effekt der Abdeckung von Güllenlagern zu hoch eingestuft.
Man hat die Wirkung total überschätzt.
Der Kanton Luzern ging davon aus, dass er alleine mit diesem Schritt 450 Tonnen Ammoniak einsparen kann. Aber nur 150 Tonnen seien realistisch, sagt Markus Bucheli, Bauer und Ammoniak-Experte beim Kanton Luzern. «Das war ein einfacher Rechnungsfehler. Es wurde ausser Acht gelassen, dass eine solche Abdeckung keine hundertprozentige Wirkung hat und dass bei der Ausbringung der Gülle der eingesparte Stickstoff teilweise wieder verloren geht. Man hat die Wirkung total überschätzt.»
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Bild 1 von 2. Ohne Schutz: Die Gase der Gülle geraten ungefiltert in die Luft. Bildquelle: uwe Kanton Luzern.
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Bild 2 von 2. So wünscht es sich der Kanton Luzern: Die Güllenlager müssen abgedeckt werden. Bildquelle: uwe Kanton Luzern.
Für die Bauern, die Geld in die Abdeckung ihrer Güllenlager investiert haben, sei das sicher unerfreulich, aber: «Ab 2030 ist es gemäss Luftreinhalteverordnung Pflicht», sagt Markus Bucheli. Sonst bekämen die Bauern keine Subventionen.
Die Abdeckungen der Güllenlager haben also nicht die erwünschte Wirkung. Allerdings hat eine andere Entwicklung zu weniger Ammoniakemissionen geführt, die nicht Teil des Programms ist: Die Tierbestände sind zurückgegangen. Im Kanton Luzern gibt es mittlerweile circa 23'000 Schweine weniger. «Das hat mit den veränderten Essgewohnheiten zu tun», sagt Markus Bucheli. «Schweinefleisch wird weniger konsumiert, dafür haben wir im Kanton Luzern mehr Geflügel.» Die Landwirtschaft passe sich den Entwicklungen an.
Tierbestand aktiv reduzieren? Nein!
Gegen zu viel Ammoniak in der Luft nützen weniger Tiere deutlich mehr als Schleppschläuche und abgedeckte Güllenlöcher. Das erstaune nicht, sagt Markus Kretz, Präsident des Bäuerinnen- und Bauernverbandes: «Wo kein Tier, da kein Ammoniak.»
Es kann nicht sein, dass wir das Umweltproblem in andere Kantone verlagern.
Vermehrt auf Tierhaltungen zu verzichten, sieht er aber nicht als Lösung: «Es kann nicht sein, dass wir das Umweltproblem in andere Kantone verlagern. Der Kanton Luzern ist ein starker Tierhaltungskanton. Wir wollen auch weiterhin zu den Besten gehören.»
Das sieht auch der Kanton so. «Wir werden hier nicht eingreifen», sagt Markus Bucheli und schiebt den Ball der Bevölkerung zu. «Jeden Tag wird am Mittagstisch entschieden, was gegessen wird.»
Heisst: Der Markt soll es regeln. Wird weniger Fleisch gegessen, gehen die Tierbestände zurück. Und wenn dem so ist und der Trend anhält, dann könne der Kanton Luzern sein Ziel von 20 Prozent weniger Ammoniak in der Luft bis 2030 vielleicht doch noch erreichen.