Oft fällt es Opfern oder Zeuginnen schwer, einen Tathergang bei einer Polizeieinvernahme zu schildern. Sei dies wegen sprachlicher oder kognitiver Probleme, oder schlicht, weil sie sich dafür schämen, was ihnen passiert ist. Die Schaffhauser Polizei kann künftig in solchen Situationen auf ein Buch voller Piktogramme zurückgreifen.
«Die Piktogramme sind kleine Bilder, auf die wir oder unsere Kundschaft zeigen, wenn etwas für sie nicht in Worte zu fassen ist», sagt Andreas Lehrbaumer, Leiter des 24-Stunden-Pikettdienstes der Schaffhauser Polizei.
Lehrbaumer hat das Buch als Diplomarbeit für die höhere Fachprüfung als Polizist selbst entwickelt: «Beim Erzählen der Tathergänge sind viele Gefühle da: Angst, Stress oder auch Scham. Mit diesem Büchlein können wir besser kommunizieren.»
Bilder helfen, sexuelle Übergriffe zu beschreiben
Besonders heikel seien sexuelle Übergriffe oder häusliche Gewalt. Mit konkreten Bildern könnten die Opfer nun der Polizei Auskunft darüber geben, was genau passiert ist: «Das kann ein Piktogramm sein, das zeigt, wie eine sexuelle Handlung stattgefunden hat, ein Bild eines Geschlechtsteils oder auch das Innere des Intimbereichs», sagt Andreas Lehrbaumer. Wenn sich die Opfer verstanden fühlten, schaffe das Vertrauen.
Das Buch zur unterstützten Kommunikation wird in den kommenden Wochen allen Schaffhauser Polizisten im Rahmen einer Schulung abgegeben werden. Es sei schweizweit einzigartig und auch für andere Polizeikorps geeignet, national sowie international, schreibt die Schaffhauser Polizei in einer Mitteilung.
Nachbarkorps zeigen Interesse
Die benachbarten Polizeikorps beobachten die Schaffhauser Erfahrungen mit den Piktogrammen. Die Zürcher Stadt- und die Kantonspolizei sind jedoch zurückhaltend. Auf Anfrage heisst es, man verfüge bereits über interne Stellen für solche Situationen.
Interesse zeigt allerdings die Stadtpolizei Winterthur: «Wir sind mit den Schaffhauser Kolleginnen und Kollegen in Kontakt und finden das Piktogrammbuch spannend», sagt Sprecherin Laura Pelli. Nach den ersten Erfahrungen in Schaffhausen wolle man prüfen, ob Winterthur das Buch übernehmen könnte.
Auch die Kantonspolizei in Thurgau und St. Gallen beobachtet die Schaffhauser Innovation, wie die «Thurgauer Zeitung» schreibt. In St. Gallen kämen heute externe Fachspezialisten bei schwierigen Befragungen zum Einsatz. Das Schaffhauser Piktogrammbuch könnte allerdings in Erwägung gezogen werden.