Wer vor dem Mont Vully durch die Wellen gleitet oder sich auf dem Neuenburgersee schon wie auf einem kleinen Meer fühlt, erlebt das Drei-Seen-Land von seiner schönsten Seite. Es sind die Gefilde der «Société de Navigation sur les Lacs de Neuchâtel et Morat SA» (LNM).
Doch bei der Schifffahrtsgesellschaft des Neuenburger- und Murtensees stehen die Zeichen auf Sturm: Innerhalb weniger Monate haben sechs Personen in Schlüsselpositionen das Unternehmen verlassen – aufgrund von Kündigungen, Entlassungen oder Burnouts, wie Recherchen von RTS zeigen.
Dampfschiff ohne Russfilter unterwegs?
Für Zündstoff sorgt auch der Zustand der sieben Schiffe: Die Flotte sei veraltet, die Wartung und die Saisonvorbereitung dadurch aufwändiger, berichteten schon im Frühling Mitarbeitende.
Das 113-jährige Dampfschiff «Neuchâtel» soll etwa diesen Sommer ohne Russpartikelfilter gefahren sein – ein Foto zeigt die Russentwicklung. Ein Bootsbesitzer sagte, der Russ habe sogar sein Schiff verschmutzt.
Die Probleme mit den angejahrten Schiffen gehen aber tiefer. In einem internen Gutachten warnt ein Spezialist vor verschiedenen Problemen:
...Risiken für die Passagiere, das Personal, die Motoren, die Generatoren sowie die technischen Installationen der Boote.
LNM-Direktor Peter Voets erklärt in einer schriftlichen Antwort, die Flotte sei stets vorschriftsgemäss betrieben worden.
Bund schaut LNM auf die Finger
Dennoch schaut das Bundesamt für Verkehr (BAV) bei der LNM genau hin. «Wir klären offene Punkte mit der LNM, die sich aus der Überwachungstätigkeit des BAV ergeben haben», heisst es vom Bund. Im schlimmsten Fall könnte das BAV die Zulassung von einzelnen LNM-Schiffen verweigern.
Ein Problem ist weiter das unzufriedene Personal. Gegenüber RTS berichten Mitarbeitende von einem «vergifteten Arbeitsklima» und einem autoritären Führungsstil von Direktor Peter Voets. «Seit er da ist, herrscht ein Klima der Angst. Wer nicht gleicher Meinung ist, wird schikaniert», sagt ein Mitarbeiter anonym.
Die Folgen der «chronischen Unterinvestition»
Der Direktor weist die Vorwürfe schriftlich zurück. Die Betroffenen seien «frustriert». Stattdessen erhebt er selbst Anschuldigungen: Es habe Verstösse gegeben, etwa Betrug bei der Krankenkasse – dies sei belegt.
Der Verwaltungsratspräsident der LNM, Nicolas Gigandet, verteidigt gegenüber RTS derweil den Direktor. Gigandet räumt jedoch ein, dass «die chronische Unterinvestition der letzten Jahre dazu geführt hat, dass sich die Flotte heute in einem schlechten Zustand befindet.» Es seien grosse finanzielle Anstrengungen nötig, um die Zukunft der Gesellschaft langfristig zu sichern.
Kantone machen Druck – und sind Teil des Problems
So oder so kämpfe die LNM mit finanziellen Problemen, 2024 schrieb sie über 600'000 Franken Verlust. Angesichts der Schieflage des Unternehmens fordern die Trägerkantone Freiburg, Neuenburg und Waadt eine externe Untersuchung.
Ihr Wort hat Gewicht, die drei Kantone finanzieren den Betrieb der LNM massgeblich – und machen nun Druck auf die neue Führung.
Gleichzeitig sind sie auch ein Teil des Problems: Die Besitzerstruktur macht die Situation kompliziert. Weil drei Kantone involviert sind, müssen Destinationen in allen drei Kantonen angefahren werden. Darum fahren Schiffe teils Linien, die ohnehin nicht rentieren.