Genfs Volkswirtschaftsdirektorin Delphine Bachmann hat einen eigenen Blick auf das Internationale Genf. Auf ihrem Pult landen die Statistiken zu Hotelübernachtungen und Flugpassagieren.
Die Flugpassagierzahlen sind rückläufig und bei den Hotelübernachtungen gab es seit Langem keinen so grossen Rückgang mehr wie im Frühling.
Diese gehen zu einem guten Teil auf das Konto von Diplomatinnen, Mitarbeitern von UNO und NGOs und Besucherinnen des Internationalen Genf. Die Zahl der Flugpassagiere sei rückläufig und bei den Hotelübernachtungen habe sie seit Langem keinen solchen Rückgang mehr gesehen wie in diesem Frühling, stellt Bachmann fest.
Das Internationale Genf mit seinen 35'000 Angestellten sei für die gesamte Wirtschaft wichtig, denn Geld verdienten damit nicht nur die Hotellerie, sondern auch Restaurants, Geschäfte und Kongressorganisatoren.
Multilaterale Diplomatie als Einnahmequelle
Doch weil Staaten wie die USA für die internationale Diplomatie, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit immer weniger Geld ausgeben, steht Genf unter Druck. Die Regierung sei besorgt, dass die multilaterale Diplomatie gerade Stück für Stück zerlegt werde, unterstreicht Bachmann.
Ignazio Cassis dementierte zwar letzte Woche an der UNO-Generalversammlung einen massiven Stellenabbau: «Davon ist keine Rede, es trifft vor allem Teile von Logistik und Verwaltung, aber nicht die strategischen Elemente.»
Schlechte Vorzeichen auch beim IKRK
Bachmann sieht das anders. Die Situation verschlechtere sich immer mehr. 2025 hätten Organisationen ihre Budgets noch decken können, auch dank der Soforthilfe des Kantons Genf. 2026 erwarte man bei den internationalen Organisationen eine Entlassungswelle und als Folge davon auch bei den Nichtregierungsorganisationen.
Auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) habe in den letzten 18 Monaten Hunderte Stellen abgebaut. Das verdeutliche den Ernst der Lage, sagt Bachmann.
Willkommene Nothilfe vom Staat und privat
Auch Genfs Finanzdirektorin Nathalie Fontanet befürchtet, dass Staaten weitere Gelder kürzen werden und es mehr Entlassungen geben wird. «Wir können die Folgen noch nicht abschätzen», erklärt Fontanet.
Auch darum haben der Kanton und die Stadt Genf zusammen mit der Stiftung von Rolex-Gründer Hans Wilsdorf eine mit 50 Millionen Franken dotierte Stiftung gegründet. Sie hilft internationalen Organisationen und NGOs mit Sitz in Genf, sich in den nächsten fünf Jahren neu zu organisieren, und fördert die Zusammenarbeit zwischen ihnen.
Auch der Bundesrat will dem Internationalen Genf mit einem über 80 Millionen Franken schweren Notpaket helfen. Der Nationalrat hat bereits zugestimmt, die kleine Kammer muss noch abschliessend befinden.
Das Internationale Genf bringt Kanton und Land Milliardeneinnahmen.
Das kommt bei Finanzdirektorin Fontanet gut an. Damit könnte man die Geldkürzungen der USA sicher nicht auffangen, aber die Effizienz der Organisationen stärken. «Das Internationale Genf bringt Kanton und Land Milliardeneinnahmen. Bundesrat und Parlament haben dies verstanden. Gut, dass alle in dieselbe Richtung arbeiten», so Volkswirtschaftsdirektorin Bachmann.