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Schweizer UNO-Standort bedroht Genfer Regierung widerspricht Cassis: UNO-Entlassungswelle droht

Genf erwartet eine Entlassungswelle bei den internationalen Organisationen. Da beschwichtigt EDA-Chef Cassis vergeblich.

Genfs Volks­wirtschafts­direktorin Delphine Bachmann hat einen eigenen Blick auf das Internationale Genf. Auf ihrem Pult landen die Statistiken zu Hotelübernachtungen und Flugpassagieren.

Die Flugpassagierzahlen sind rückläufig und bei den Hotelübernachtungen gab es seit Langem keinen so grossen Rückgang mehr wie im Frühling.
Autor: Delphine Bachmann Genfer Volkswirtschaftsdirektorin

Diese gehen zu einem guten Teil auf das Konto von Diplomatinnen, Mitarbeitern von UNO und NGOs und Besucherinnen des Internationalen Genf. Die Zahl der Flugpassagiere sei rückläufig und bei den Hotelübernachtungen habe sie seit Langem keinen solchen Rückgang mehr gesehen wie in diesem Frühling, stellt Bachmann fest.

Das Internationale Genf mit seinen 35'000 Angestellten sei für die gesamte Wirtschaft wichtig, denn Geld verdienten damit nicht nur die Hotellerie, sondern auch Restaurants, Geschäfte und Kongressorganisatoren.

Multilaterale Diplomatie als Einnahmequelle

Doch weil Staaten wie die USA für die internationale Diplomatie, humanitäre Hilfe und Entwicklungs­zusammenarbeit immer weniger Geld ausgeben, steht Genf unter Druck. Die Regierung sei besorgt, dass die multilaterale Diplomatie gerade Stück für Stück zerlegt werde, unterstreicht Bachmann.

Das Bild zeigt den Menschenrechtsraum des UNO-Büros in Genf Mit dem Gemälde des brasilianischen Künstlers Eduardo Kobra.
Legende: Wie weiter mit dem Internationalen Genf? Offenbar bezahlen erste Organisationen die Löhne nicht mehr. KEYSTONE/SALVATORE DI NOLFI

Ignazio Cassis dementierte zwar letzte Woche an der UNO-Generalversammlung einen massiven Stellenabbau: «Davon ist keine Rede, es trifft vor allem Teile von Logistik und Verwaltung, aber nicht die strategischen Elemente.»

Schlechte Vorzeichen auch beim IKRK

Bachmann sieht das anders. Die Situation verschlechtere sich immer mehr. 2025 hätten Organisationen ihre Budgets noch decken können, auch dank der Soforthilfe des Kantons Genf. 2026 erwarte man bei den internationalen Organisationen eine Entlassungswelle und als Folge davon auch bei den Nicht­regierungs­organisationen.

Auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) habe in den letzten 18 Monaten Hunderte Stellen abgebaut. Das verdeutliche den Ernst der Lage, sagt Bachmann.

Willkommene Nothilfe vom Staat und privat

Auch Genfs Finanzdirektorin Nathalie Fontanet befürchtet, dass Staaten weitere Gelder kürzen werden und es mehr Entlassungen geben wird. «Wir können die Folgen noch nicht abschätzen», erklärt Fontanet.

Fontanet und Bachmann
Legende: Die Genfer Regierungsrätinnen Delphine Bachmann (rechts) und Nathalie Fontanet (links) sorgen sich um die Einnahmen durch die internationale Diplomatie. Keystone/Martial Trezzini

Auch darum haben der Kanton und die Stadt Genf zusammen mit der Stiftung von Rolex-Gründer Hans Wilsdorf eine mit 50 Millionen Franken dotierte Stiftung gegründet. Sie hilft internationalen Organisationen und NGOs mit Sitz in Genf, sich in den nächsten fünf Jahren neu zu organisieren, und fördert die Zusammenarbeit zwischen ihnen.

Auch der Bundesrat will dem Internationalen Genf mit einem über 80 Millionen Franken schweren Notpaket helfen. Der Nationalrat hat bereits zugestimmt, die kleine Kammer muss noch abschliessend befinden.

Das Internationale Genf bringt Kanton und Land Milliardeneinnahmen.
Autor: Nathalie Fontanet Genfer Finanzdirektorin

Das kommt bei Finanzdirektorin Fontanet gut an. Damit könnte man die Geldkürzungen der USA sicher nicht auffangen, aber die Effizienz der Organisationen stärken. «Das Internationale Genf bringt Kanton und Land Milliardeneinnahmen. Bundesrat und Parlament haben dies verstanden. Gut, dass alle in dieselbe Richtung arbeiten», so Volkswirtschaftsdirektorin Bachmann.

Rendez-vous, 30.9.2025, 12:30 Uhr; sten

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