Die Fussball-Nationalmannschaft qualifiziert sich souverän für die WM 2026 und die U-17 überzeugt an der WM in Katar. Im Moment des Erfolgs sei es wichtig, genau hinzuschauen. Denn: Im Nachwuchs hapere es, sagt der SFV-Präsident.
SRF News: Zugespitzt gefragt – hat die Schweiz ein Nachwuchsproblem?
Peter Knäbel: Wir sind in der Nachwuchsförderung ein qualitativ hochwertiges Land. Aber wir haben ein Problem beim Übergang der jungen Spieler in die höchste Liga. Sie erhalten dort zu wenig Spielzeit. Dieses Problem wird durch die Thematik der Doppelbürger noch verschärft, weil der Wettbewerb unter den Nationalverbänden um die Talente sehr viel grösser geworden ist.
Wie wollen Sie die Klubs dazu bringen, dass sie ihren eigenen Talenten mehr Spielzeit geben?
In Norwegen haben sich alle zusammengesetzt und sich darauf geeinigt, die Spielzeit von jungen Spielern aus dem Ausland zu limitieren. Als Folge davon wird der eigene Nachwuchs vermehrt eingesetzt. Ich würde allerdings nicht auf eine Reglementierung setzen, sondern darauf, die Kultur zu verändern.
Wenn die Jungen weiterhin so wenig spielen, weiss ich nicht, ob unserer Nati in Zukunft gleich erfolgreich sein wird.
Klar, mit ausländischen jungen Spielern kann ein Club schnell viel Geld verdienen. Wir müssen aber verstehen, dass unser gemeinsames Produkt der Schweizer Spieler und die Schweizer Spielerin sind, die wir auf den Markt bringen. Wenn die Jungen weiterhin so wenig spielen, weiss ich nicht, ob unserer Nati in Zukunft gleich erfolgreich sein wird. Zumal es andere Länder heute besser machen als wir.
Eine weitere Herausforderung sind die Doppelbürger. Zuletzt haben sich zwei Talente für den Kosovo entschieden. Hat hier der Verband Fehler gemacht?
Nein. Wir haben alles versucht, ich habe Leon Avdullahu in Hoffenheim noch besucht, zusammen mit Murat Yakin, doch seine Entscheidung war bereits gefallen. Dies hat uns erneut gezeigt, das Thema ist wichtig: 70 Prozent unserer Nachwuchsspieler sind Doppelbürger. Die Konkurrenz unter den Verbänden wird immer grösser, auch andere Länder müssen sich dieser Herausforderung stellen. In England etwa haben 77 Prozent der Spieler der U-17 Nationalmannschaft zwei Pässe.
Sollten sich die Spieler früher für ein Land entscheiden müssen?
Es würde helfen, wenn die Entscheidung früher fiele, vor allem für die Spieler selbst. Dann hätten sie das Thema nicht ständig im Kopf und könnten sich auf ihre Ausbildung konzentrieren. Ich finde es aber schwierig, ein fixes Datum zu bestimmen.
Wir haben die Hoheit über die Kommunikation verloren.
Themenwechsel: Die Trennung von Frauen-Nationaltrainerin Pia Sundhage sorgte für Kritik. Man liess eine Welttrainerin monatelang auf einen Entscheid warten. Was ist da passiert?
Der Prozess war so vereinbart, wie wir es auch gemacht haben: Die Entscheidung sollte zwischen den beiden Länderspielfenstern im Herbst fallen. Im Nachhinein betrachtet ist die Botschaft, dass wir das so miteinander vereinbart hatten, untergegangen. Wir haben die Hoheit über die Kommunikation verloren. Grundsätzlich ist der Entscheid, den Blick nach vorne zu richten und auf Rafael Navarro zu setzen, sicher nachvollziehbar, wenn auch hart.
Nun sind Sie der höchste Funktionär im Schweizer Fussball. Fehlt Ihnen die Arbeit auf dem Fussballplatz?
Nein. Als Trainer ist man verantwortlich für das Resultat auf dem Platz. Als Präsident ist man verantwortlich für die Menschen, die das Resultat produzieren.
Das Gespräch führte Simone Hulliger.