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Shitstorm in sozialen Medien Basler Kantonalpolitiker wird rassistisch beschimpft

Das Basler Parlament erleichtert Einbürgerungen. Nun wird ein SP-Grossrat mit türkischen Wurzeln übel beschimpft.

Das basel-städtische Parlament hat letzte Woche die kantonalen Einbürgerungsgebühren gestrichen, für unter 25-Jährige auch die kommunalen. Das Ziel: Mehr Menschen sollen sich in Basel-Stadt an der Politik beteiligen können.

Mann am Rednerpult im holzverkleideten Raum mit Text: Willst du wissen, was ich gesagt habe? Dann swipe weiter.»
Legende: Mit Social Media Postings seiner Voten im Basler Parlament versucht Mahir Kabakci auch Menschen ausserhalb des Politikbetriebs für Politik zu interessieren. Instagram/SRF

Im Vorfeld erschien ein Zeitungsporträt des SP-Grossrats Mahir Kabakci. Er hatte die Erleichterungen mit einem Vorstoss ausgelöst. Der 30-jährige Personalfachmann, der beim Kanton arbeitet, ist in Basel geboren und aufgewachsen; sein Grossvater war einst aus der Osttürkei nach Basel gekommen. Er gilt in der Politik nicht als Scharfmacher, sondern als Vermittler.

Viele rassistische Kommentare

Seit dem Porträt und dem Parlamentsentscheid schwappt ihm eine Hasswelle entgegen. Diese begann mit über 50 Kommentaren zum Artikel, darunter solche «mit klarem rassistischem Motiv», wie er in akzentfreiem «Baseldytsch» sagt.

In einem Kommentar in sozialen Medien wird er mit vollem Namen und Foto beschimpft, der «Einbürgerungswahnsinn» sei zu stoppen, er gefährde die «Schweizer Werte». Kabakci hat einige Reaktionen auf seinem Instagram-Kanal zusammengetragen.

Er habe sich gefragt, wie lange er das aushalten und dazu schweigen könne, erzählt Kabakci. Angesichts des alltäglichen Rassismus habe er sich entschieden, seine Kanäle zu nutzen: «Ich bin es den vielen Menschen schuldig, die tagtäglich damit konfrontiert sind, dass wir teils strukturelle Rassismusprobleme haben», argumentiert er.

Rassismus ist keine Meinung; das ist menschenverachtend.
Autor: Mahir Kabakci SP-Grossrat Basel-Stadt

Kabakci will mit der Veröffentlichung sensibilisieren. Er hofft, dass mehr Menschen hinschauen und einstehen für jene, die sich nicht wehren können. Selber habe er ein Umfeld, das ihn unterstütze und animiere, sich zu wehren. «Rassismus ist keine Meinung; das ist menschenverachtend.»

Er habe lange mit sich gerungen, denn es sei ein emotionales Problem, das verletze. «In so einem Moment fühlt man sich ganz klein, weil das an allem rüttelt, was einen als Menschen ausmacht.»

Hakenkreuz am Briefkasten: «beängstigend»

Wegen anonymer, «sehr grenzwertiger» Post hat er bereits vor einem halben Jahr seine Privatadresse von der Parlaments-Website löschen lassen. Dass jetzt trotzdem auf seinen Briefkasten ein Hakenkreuz gekratzt wurde, sei «beängstigend». Man kenne das eher aus Nachbarländern. Der Rassismus sei in der Schweiz aber genauso gross.

Ob er eine Anzeige macht, ist offen. Ein solches Verfahren binde viel Energie, die er lieber für politische Arbeit einsetzen möchte, sagt Kabakci.

Rassismus gebe es überall, nicht nur in der Politik. Als Mann, der den hiesigen Dialekt spreche, sei er privilegiert; Frauen – erst recht mit Kopftuch – oder Nichtweisse erlebten viel Krasseres, sagt er. Andere Betroffene hätten weder Netzwerk noch Mittel, sich zu wehren. Das Problem sei darum strukturell anzugehen. Ein umständlicher Rechtsweg sei nicht zielführend.

Unterstützung einer rechten Politikerin

Dass ihr Ratskollege Kabakci beschimpft wird, sei «unterste Schublade», sagt Laetitia Block. Sie sitzt für die SVP im Basler Parlament.

Auch ihr politisches Lager werde mitunter mit Dreck beworfen, erzählt sie. So habe man ihr beispielsweise das Velo mit Döner beschmiert. Es handle sich um eine «Verrohung der Gesellschaft», sagt Block.

Ein neues Gesetz brauche es trotzdem nicht. Aber: «Wir müssen mehr aufeinander zugehen und Debatten freudiger führen», so Block. «Denn solange wir uns verbal die Köpfe einschlagen, machen wir es nicht physisch.»

Regionaljournal Basel Baselland, 15.12.2025, 17:30 Uhr ; 

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