Über 300 Millionen Franken will die Waadtländer Regierung im kommenden Jahr sparen. Es trifft alle Institutionen mit Subventionen wie Schulen, Spitäler, Heime und Sozialdienste. Entlassungen soll es nicht geben, aber die Löhne des Kantonspersonals sollen um 0.7 Prozent gekürzt werden.
Die Gemüter sind erhitzt. Der Gesprächston ist dennoch sachlich. In einem gemeinnützigen Saal in der Lausanner Innenstadt haben sich letzte Woche mehrere Dutzend der über 40'000 Staatsangestellten versammelt: Gymnasiallehrerinnen, Sozialarbeiter, Pflegefachfrauen, Verwaltungsangestellte. Die Gewerkschaften bitten sie um ein allerletztes Ja zum Streik. Bei Versammlungen vor Spitälern, bei Schulen und Departementen war dies in den letzten Tagen und Wochen jeweils eine Formsache.
Mobilisierung läuft
Über das Ziel der Gewerkschaften sagt VPOD-Sekretär David Gygax: «Wir wollen möglichst viele Kantonsangestellte für den Streik mobilisieren und die Regierung dazu zwingen, den Sparentscheid rückgängig zu machen.» Juristisch sei man abgesichert, denn das arbeitsrechtliche Schlichtungsverfahren sei gescheitert. Die Gewerkschaften spüren eine breite Unterstützung. An einer Protestkundgebung am 2. Oktober hatten gegen 15'000 Personen teilgenommen.
Die Regierung greift den Service public auf selten dagewesene Weise an.
Doch die Regierung hält bislang an ihrem Sparbeschluss fest. FDP-Finanzdirektorin und Regierungspräsidentin Christelle Luisier Brodard nannte bei Radio RTS die Gründe: Aus der Gewinnausschüttung der Nationalbank fehlten dem Kanton 380 Millionen Franken. Die Aufnahme der Ukraine-Flüchtlinge habe 100 Millionen Franken gekostet, Inflation und Teuerungsausgleich 270 Millionen. Zugleich würden die Zuschüsse für Krankenkassenprämien immer teurer.
Gewerkschafter Gygax macht demgegenüber geltend, die Waadt habe Finanzreserven von zwei Milliarden Franken und nur 500 Millionen Franken Schulden. Am Regierungsentscheid missfällt ihm am meisten, dass die Löhne der Staatsangestellten sinken sollen. Gygax spricht von einem selten dagewesenen Angriff der Regierung auf den Service public: «Die Kürzungen von 300 Millionen sind eine Sache. Doch erstmals werden jetzt die Nettolöhne der Staatsangestellten von einem Jahr aufs andere gesenkt.»
Sparpaket im Parlament unter Druck
Auch an diesem Abend haben die Gewerkschaften die Unterstützung des Personals. Das heisst: Am 18. November wird gestreikt und auch am 25. November. Falls nötig, wird der Streik danach weitergeführt, bis die Regierung ihren Sparbeschluss widerruft. Eine Kantonsangestellte ist mit diesem Entscheid zufrieden: «Die grosse Arbeit beginnt erst jetzt. Wir werden nun Kolleginnen und Kollegen für den Arbeitskampf mobilisieren.»
Einen Teilerfolg haben die Gewerkschaften bereits errungen. Gegen den Willen ihrer Regierungsrätinnen lehnen SP und Grüne das Budget und damit auch die Sparmassnahmen fürs nächste Jahr ab. FDP und SVP hingegen wollen den Sparentscheid nicht umstossen. Auch das Parlament erwartet also ein heisser Herbst.