Eine Burgruine, ein Wasserfall, zwei Kirchen: Das Bergdorf am Fuss der markanten Gastlosen wirkt wie der Inbegriff von Ruhe. Gut 700 Menschen leben hier, zuhinterst im Jauntal. Die nächsten Ortschaften im Kanton Freiburg, in denen man Deutsch spricht, sind gut fünfzig Autominuten entfernt. Etwa die Stadt Freiburg oder Giffers.
Aber es brodelt hinter der Postkartenkulisse. An der Primarschule herrscht seit Monaten Unruhe. Grund dafür ist die zweimalige Suspendierung eines langjährigen Lehrers. Diese sorgte für Knatsch, mehrere Lehrpersonen verliessen die Primarschule in Jaun. Eine Schule, die sowieso schon mit Lehrermangel zu kämpfen hat.
Eltern kritisieren Unterrichtqualität
Mehr als 300 Personen haben sich Mitte Dezember in einem offenen Brief an die Freiburger Erziehungsdirektion gewandt. Ihr Vorwurf: Die Unterrichtsqualität leide stark. Weil mehrere diplomierte Lehrpersonen gekündigt hätten, müssten teilweise undiplomierte Aushilfen einspringen.
Bei vielen Eltern wächst der Unmut. Einer von ihnen ist Elias Boschung, drei seiner Kinder besuchen die Schule in Jaun: «Meine Kinder kommen heim und sagen, dass ihnen bei Fragen nicht geholfen wird.» Man müsse zu Hause den versäumten Schulstoff nachholen. «Zum Teil bis zu vier Stunden am Abend. Das kann nicht unsere Aufgabe sein.»
Es gehe nicht darum, den Lehrpersonen einen Vorwurf zu machen. «Es fehlt an Rückhalt und Unterstützung aus Freiburg», so Boschung.
Kanton widerspricht Kritik
Die zuständige Schulinspektorin Anne Emch widerspricht der Kritik. Die Lehrpersonen ohne Diplom würden sorgfältig begleitet: «Sie werden sehr gut gecoacht und eins zu eins betreut.» Die Klassen seien klein, die Primarschule Jaun funktioniere gut.
Im Zentrum des Konflikts steht ein Lehrer, der seit über 30 Jahren im Dorf unterrichtet. Im November 2024 wurde er zum ersten Mal suspendiert. Warum es zu dieser ersten Suspendierung kam, bleibt unklar – die Erziehungsdirektion verweist auf den Persönlichkeitsschutz.
Zwei Suspendierungen innert weniger Monate
Der Anwalt des Lehrers, Elmar Wohlhauser, berichtet von schweren Gerüchten, die nach der ersten Suspendierung in Jaun kursierten: «Gerade, wenn Personen mit Kindern arbeiten, steht schnell der Vorwurf eines Übergriffs im Raum. Mein Mandant durfte sich aber nicht dazu äussern. Das war belastend.»
Zwei Monate später war der Lehrer zurück im Schulzimmer und unterrichtete. Die Situation schien beruhigt – bis der Lehrer im Sommer erneut suspendiert wurde. Die Erziehungsdirektion begründet dies mit einem Mobbingverdacht. Anwalt Wohlhauser hält die Massnahme dagegen für «völlig ungerechtfertigt».
Lehrermangel spitzt sich zu
Klar ist nur: Die wiederholte Suspendierung hat das Lehrpersonal der Jauner Primarschule gespalten. Einige verliessen die Schule aus Solidarität mit dem Lehrer, andere aus Konflikt mit ihm. Diese Abgänge stellen die kleine Schule vor zusätzliche Herausforderungen.
Es sei sowieso schon schwierig, freie Stellen in Jaun zu besetzen, so die Schulinspektorin Anne Emch. Das Dorf ist abgelegen: «Der Weg nach Jaun ist für viele Lehrpersonen ein Hindernis. Die aktuelle Berichterstattung hilft auch nicht.»
Sie rechnet damit, dass im Februar das Verfahren wegen Mobbing abgeschlossen wird. Erst dann wird sich entscheiden, ob der suspendierte Lehrer ein zweites Mal an die Schule in Jaun zurückkehren kann.