Die Tage sind kurz und kalt. Und in der Adventszeit spüren Menschen, die auf sich allein gestellt sind, die Kälte wohl besonders stark. Das Café Solino im Kreis 3 in Zürich Wiedikon hält da dagegen: Es bietet an den Wochenenden einen Treffpunkt gegen die Einsamkeit.
Zum Beispiel für Franca und Maria, die Stammgäste sind im «Solino». Franca hat vor ihrer Pensionierung als Pflegefachfrau gearbeitet. Maria war Kindergärtnerin, auch sie ist pensioniert. Die beiden Frauen haben sich vor 25 Jahren in einem Chor kennengelernt.
Sie besuchen das Café gerne, weil «es schön ist, auch am Sonntag mit Leuten zu plaudern», sagt Franca. Sie hat durch eine Freundin vom «Solino» erfahren. Maria sagt: «Mittlerweile kennt man sich und das «Solino» ist offen für alle. Die Atmosphäre ist locker und es ist immer interessant.» Sie habe hier beispielsweise erfahren, wo sie ihre Bilder ausstellen kann, die sie selber malt.
Ins Café Solino kommen Menschen, denen am Sonntag vielleicht sonst die Decke auf den Kopf fallen würde.
Das Café Solino gibt es seit 35 Jahren. Getragen wird es von der Dargebotenen Hand, Pro Senectute, der Spitex und dem Schweizerischen Roten Kreuz.
«Ins Café Solino kommen Menschen, denen am Sonntag vielleicht sonst die Decke auf den Kopf fallen würde», sagt Robert Zahnd vom Vorstand des Cafés Solino. «Sie treffen hier andere, denen es ähnlich geht und kommen so einfacher ins Gespräch.» Die Gäste müssen nichts konsumieren, wenn sie das nicht wollen. Kaffee und andere Getränke sind zu einem günstigen Preis erhältlich.
Zahnd beschreibt das «Solino» als «Begegnungscafé für Mehrsamkeit». Das sei die sympathischere Bezeichnung, als «Café gegen Einsamkeit» – obwohl es die Mission des «Solinos» sei, gegen Einsamkeit anzukämpfen.
Wie in einer grossen Familie
Die Gastgeberinnen und Gastgeber im «Solino» arbeiten ehrenamtlich, wie Margrith. Ihre Schicht dauert an diesem Sonntag von 17 bis 20 Uhr. Sie sagt: «Nach meiner Pensionierung wollte ich etwas für die Allgemeinheit tun. Dann bin ich auf das ‹Solino› gestossen.» Das ist mittlerweile 15 Jahre her. Ihre Arbeit mache Margrith immer noch gerne. «Hier geht es darum, den Menschen zuzuhören und sie abzuholen.» Dabei erfahre sie von Schicksalen und höre interessante Lebensgeschichten. «Das ist einfach schön.» Es sei wie in einer grossen Familie.
Zuhören und reden – Gespräche können einen echten Beitrag gegen die Einsamkeit leisten. Besonders im Alter gelte Einsamkeit immer noch als Tabu und werde unterschätzt, sagt Entwicklungspsychologin Pasqualina Perrig-Chiello. Sie präsidiert den Verein Connect, der Angebote in der ganzen Schweiz gegen die Einsamkeit verknüpfen will. Auch das Café Solino ist in der Liste der Netzwerke aufgeführt.
Hier wird auch leidenschaftlich diskutiert
Reden und manchmal leidenschaftlich diskutieren, das alles ist möglich im Café Solino. Zum Beispiel für Martin, der seit zwei Jahren regelmässig kommt. Der pensionierte Banker trifft hier vorwiegend Leute in seinem Alter. «Hier kann ich mit meinen Kollegen über Probleme oder Alltägliches sprechen. Das ist lässig», sagt er.
Das Café Solino ist ein Ort mit einem freundlichen Ambiente, in dem sich die Gäste unkompliziert austauschen können. Und wo der Kaffee mit einer Extraportion Aufmerksamkeit serviert wird, damit das Alleinsein zumindest für ein paar Stunden in den Hintergrund rückt.