Das Keramikstudio von Olivia Weber liegt mitten in der Basler Altstadt. Vor zwei Jahren hat sie das Studio gegründet – als Ausgleich zu ihrem stressigen Bürojob.
«Sobald man mit dem Malen beginnt, wird es stiller im Kopf, man wird automatisch ruhig und kann einfach mal sein», schwärmt Weber. Dass dieses Gefühl ein Geschäftsmodell sein könnte, habe sie einfach gespürt.
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Bild 1 von 2. Zuerst das Geschirr auswählen ... Bildquelle: SRF/Monika Glauser.
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Bild 2 von 2. ... und dann die Farben. Bildquelle: SRF/Monika Glauser.
Im Studio steht ein grosses Regal mit weissen Tassen, Krügen, Teller und vielem weiterem Geschirr. Gäste suchen sich eines der Keramikstücke aus und haben zwei Stunden Zeit, um ihr Geschirr zu bemalen. Dann wird das Produkt in einen grossen Ofen gepackt und bei 1000 Grad gebrannt. So schnell nimmt man also eine fertige Tasse nicht nach Hause.
Dieser langsame Prozess mache aber gerade den Reiz des Keramikmalens aus, glaubt Olivia Weber. Man habe eine gewisse Ungewissheit, bis man das Kunstwerk abhole. Es sei nicht wie bei allen anderen Dingen, die man heute bestelle und morgen schon besitze, so Weber.
Keramikmalen ist kein günstiges Hobby. Die Ateliergebühr liegt bei 15 Franken, hinzukommen die Kosten für das Geschirr, das bemalt wird. Eine Tasse kostet beispielsweise 30 bis 50 Franken. Viele seien bereit, diesen Preis zu bezahlen, vermutet Olivia Weber. Denn es gehe auch um das gemeinsame Erlebnis.
Vorher – nachher: So sieht das Geschirr nach dem Brennen aus
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Bild 1 von 3. Im ungebrannten Zustand ist die Bemalung kaum erkennbar. Bildquelle: SRF/Monika Glauser.
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Bild 2 von 3. Das ändert sich durch den Brennvorgang, nun leuchten die Farben. Bildquelle: ZVG/Olivia Weber.
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Bild 3 von 3. Olivia Weber ist zufrieden mit dem Produkt. Bildquelle: SRF/Monika Glauser.
Und genau so ist es auch im kleinen Keramikstudio in Basel. Eine Grossmutter bemalt zusammen mit ihrer Enkelin Geschirr, als Geburtstagsgeschenk. Und ein Vater und seine Tochter bemalen Geschenke für die Verwandtschaft. «Ich finds einfach eine tolle Idee», schwärmt der Vater, der mit der Tochter gerade einen Löffeluntersetzer bemalt. «Es ist individuell, beschäftigt und beruhigt einen und man kann etwas verschenken.»
Die Leute gehen weniger gerne in einen grossen Saal, wo sie niemanden kennen.
Eine Umfrage des Bundesamts für Statistik (BFS) zeigt, dass kreative Aktivitäten und Hobbies, die man zu Hause ausführen kann, seit der Pandemie eindeutig an Beliebtheit gewonnen haben. In den fünf Jahren seit Covid sind fast alle künstlerischen Aktivitäten beliebter geworden. Und auch computerbasierte Hobbies, wie Videospiele oder Bloggen, haben stark zugenommen.
«Die Leute gehen weniger gerne in einen grossen Saal, wo sie niemanden kennen», sagt Olivier Moeschler vom BFS. «Menschen machen lieber etwas Kreatives, in einer kleineren Runde, mit Menschen, die sie schon kennen», so Moeschler weiter. Genau so, wie die Besuchenden im kleinen Studio in Basel.
Der Hype ums Keramikmalen ist auffällig. In Bern, Zürich, Basel, Lausanne und vielen anderen Schweizer Orten gibt es jeweils Studios – einige sogar mit ausgebautem Gastro-Angebot wie zum Beispiel mit einem Brunch. Das gemeinsame Malen sieht nach ernsthafter Konkurrenz für das Party-machen aus.