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Ursula Koch Umstrittene Zürcher Ex-Stadträtin bricht in Buch ihr Schweigen

Ex-SP-Politikerin Ursula Koch spricht erstmals seit Jahrzehnten. Anlass ist ein Buch über ihre Baupolitik in der Stadt Zürich.

Sie war eine der prägendsten und zugleich umstrittensten Figuren in der Zürcher Politik. Ursula Koch war zwölf Jahre lang Zürcher Stadträtin und später erste Präsidentin der SP Schweiz. Nach parteiinternen Konflikten trat sie im Jahr 2000 zurück und verschwand von der Bildfläche.

Nun aber gibt es ein Lebenszeichen. Im Buch «Zürich lebenswert umbauen» von Autorin Regula Iseli, das Kochs Zeit als Zürcher Hochbauvorsteherin beleuchtet, spricht die 84-Jährige zum ersten Mal wieder – nach einem Vierteljahrhundert. Sie schaut zurück auf Widerstände und tiefe Verletzungen, die der Politkampf hinterlassen hat.

Die Aussenseiterin im Zürcher Stadtrat

Schon bei ihrer Wahl in die Zürcher Stadtregierung 1986 trat Ursula Koch selbstbewusst auf, mit einem klaren Plan für die Stadt Zürich. «Wir müssen eine andere Wohnbaupolitik machen, eine andere Verkehrspolitik, eine Luftreinhalte-Politik, damit die Leute Wohnqualität haben und sich wohl fühlen», sagte sie damals im Interview mit dem Schweizer Fernsehen.

Mit ihrem souveränen Auftreten eckte Koch im damals bürgerlich und männlich dominierten Stadtrat allerdings an. «Ich musste mir Erniedrigungen und Beleidigungen von meinen Kollegen gefallen lassen», kritisierte Koch nach ihren ersten vier Jahren als Stadträtin öffentlich an einem Wahlkampfauftritt. «Und es hat kein Mensch interveniert, auch der Stadtpräsident nicht.»

Für den Stadtrat sei sie ein rotes Tuch gewesen, kritisiert Koch noch heute. «Ich war immer eine linke Aussenseiterin und fühlte mich nicht als Teil des Stadtrats», heisst es im Buch. «Einzelne Stadtratsmitglieder haben aktiv dazu beigetragen, dass ich mich in diesem Gremium nicht wohlfühlen konnte.» Namen nennt sie keine, denn eine Abrechnung soll das Buch nicht sein.

Der Satz, der sie verfolgte

Vielmehr scheint es Koch darum zu gehen, einige Geschehnisse richtigzustellen. So etwa ihr Markenzeichen, ein Satz aus einer Rede 1988: «Die Stadt ist gebaut!» Ihre politischen Gegner und die Bauindustrie warfen ihr danach vor, sie wolle in Zürich nicht mehr neu bauen lassen.

«Damit war klar: Die Koch ist eine Bauverhinderin. Das war ihre Quintessenz», ärgert sich die 84-Jährige noch heute. «Die haben meine Anliegen nicht begriffen oder wollten sie nicht begreifen.» In ihrer Rede habe sie nämlich auch betont, dass die Stadt nicht neu, sondern umgebaut werden müsse.

Dennoch: Ab da sah sich Koch ständiger Kritik ausgesetzt – von Medien, bürgerlichen Parteien, Stadtratskollegen. Diese Konflikte haben Autorin Regula Iseli motiviert, das Buch über Zürichs ehemalige Hochbauvorsteherin zu schreiben.

Die Vision von damals ist heute Realität

«Mich hat es schon immer geärgert, dass man die Leistung von Ursula Koch falsch eingeschätzt hat», sagte Iseli an der Buchvernissage. «Man hat sie unverhältnismässig hart kritisiert. Das hat vermutlich auch damit zu tun, dass eine damals männerdominierte Bau- und Investorenwelt es nicht ertragen hat, dass eine junge und intelligente Frau ihre Meinung konsequent durchsetzen wollte.»

Frau mit Brille hält ein blaues Buch in einem Raum mit Holzwänden.
Legende: Regula Iseli blickt in ihrem Buch auf die Zeit von Ursula Koch als Stadtzürcher Hochbauvorsteherin zurück. SRF/Christoph Brunner

Iseli betont, dass Koch schon damals eine Vision für Zürich gehabt habe, die bis heute nachhallt. «Für sie war Lebensqualität öffentliches Interesse», sagt Iseli. Industrieareale sollten nicht mit Betonklötzen zugestellt werden. Koch seien gemischte Nutzungen oder Grünflachen wichtig gewesen. Kernpunkte, die aus Zürichs Baupolitik heute nicht mehr wegzudenken sind.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 19.11.2025, 17:30 Uhr ; 

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