Seit Januar ist Donald Trump zum zweiten Mal US-Präsident. Seither sorgte Trump weltweit für Schlagzeilen: Zölle, die Nationalgarde in US-Städten, Verhandlungen im Gaza-Krieg – Trump hält die Welt auf Trab. Und damit auch Professorin Claudia Brühwiler
Die US-Expertin, die an der Universität St. Gallen zu amerikanischer Politik und Kultur forscht und doziert, erklärt im Interview, wie sie das Trump-Jahr 2025 erlebt hat.
SRF News: Bald ist das aktuelle Amtsjahr von US-Präsident Donald Trump vorbei. Sind Sie froh?
Claudia Brühwiler: Ich bin eher froh, dass sich die Aufregung gelegt hat und wir nicht mehr dauernd hyperventilieren. Das hat etwa im September aufgehört. Das Tempo der Berichterstattung wurde heruntergefahren. Man springt nicht mehr bei jeder Provokation auf die Bäume.
Was dachten Sie Anfang Jahr, was kommt?
Ich ging relativ entspannt in die zweite Amtszeit. Ich habe aus der ersten die Lehre gezogen, dass viel gebrüllt wird – und dann wenig gebissen. Jetzt zum Jahresende war es spannend, wie viele Kommentatoren in US-Medien bereits vom Ende des Trumpismus reden. Es ist wie in diesem Taylor-Swift-Song: «It's gonna be forever or it's gonna go down in flames.» Anfangs hatten wir das Gefühl, dass das für immer so weitergeht. Jetzt heisst es bereits, alles werde in Flammen aufgehen. Ganz so einfach wird es natürlich nicht, aber es wird auch kein ewiges trumpistisches Zeitalter anbrechen.
Hätten wir es geschafft, dieses Interview ohne den Namen Donald Trump zu führen?
Ich glaube: ja. Wenn wir über Ideen oder gesellschaftliche Tendenzen reden, kann man gut ohne den Namen auskommen. Man kann es auch umschiffen, indem man vom Präsidenten, vom Mann im Weissen Haus oder vom Mann mit interessanten Fashion Choices spricht. Ich schaffe es, ganze Vorträge ohne ihn zu halten. Es ist auch ein Entscheid. Wir wissen, dass Donald Trump Klicks bringt. Er ist für Nachrichten ein eingebautes Rage-Baiting: Man liebt es, ihn zu hassen.
Verdrehen Sie manchmal auch innerlich die Augen?
Das nicht. Ich höre einfach hin, was er sagt, wie er es sagt und warum er es sagt. Das ist oft interessant. Er sagt oft Provokantes, wenn er von etwas Wichtigerem ablenken will oder wenn etwas Handfesteres zur Debatte steht. Wenn er sich in der Tonalität vergreift, wenn er menschenverachtende oder verletzende Dinge sagt, ist es weniger das Augenverdrehen, mehr ein Kopfschütteln.
Ist es in solchen Momenten schwierig, als unabhängige Expertin die professionelle Distanz zu wahren?
Ich bin nicht dafür beauftragt, Trumps Feed zu kommentieren. Es wird oft auf einer Klaviatur gespielt, die ich menschlich nicht gutheissen kann und bei der mir eine neutrale, distanzierte Sicht nicht richtig scheint. Zum Glück werde ich nicht zu allem gefragt, es muss auch nicht alles interessieren, gerade in der Schweiz nicht. Es ist die Aufgabe, bei substanziell wichtigen Dingen die distanzierte Sicht zu wahren. Aber: Zu Hause vor dem Fernseher oder PC darf man auch fluchen.
In Ihrer Doktorarbeit geht es um Politik und Literatur. Wo treffen sich diese beiden Bereiche?
Die Trump'sche Präsidentschaft ist der beste Beweis dafür, wieso man sich mehr mit Fiktion auseinandersetzen muss, um die amerikanische Politik zu verstehen. Vor allem das Theater hilft sehr. Politik findet auf einer Bühne für ein Publikum statt. Gerade bei Trump sieht man, mit wie viel Theatralik die Politik inszeniert wird, das Wichtige aber hinter der Bühne stattfindet.
Das Gespräch führte Wera Aegerter.