In der Schweiz nehmen die Staustunden von Jahr zu Jahr zu. 2024 wurden gemäss Bundesamt für Strassen (Astra) auf dem Nationalstrassennetz rund 55'600 Staustunden registriert. 2023 standen wir fast 8000 Stunden weniger im Stau.
Auch auf der Schiene wird es zeitweise eng. Steigende Passagierzahlen führen in Ballungszentren wie Zürich und Basel zu Überlastungen im öffentlichen Verkehr zu Spitzenzeiten. Der Dichtestress wird aber längst nicht nur vom Pendler- und Arbeitsverkehr verursacht.
Verkehrsexperte: «Alle wollen Freiheit»
«Der Freizeit- und Tourismusverkehr ist heute der wichtigste Verkehrszweck», sagt Verkehrsexperte Tobias Arnold im «Club». Sein Unternehmen «Interface Politikstudien» hat im Auftrag des Bundes Studien verfasst. Die Freizeitmobilität habe in der Gesellschaft eine sehr positive Konnotation – sie stehe für Freiheit und Lebensqualität. «Alle wollen ihre individuellen Freiheiten geniessen», so Arnold.
Die Daten zeigen klar: Mehr als die Hälfte des gesamten Verkehrs ist auf Freizeitaktivitäten und auf den Tourismus zurückzuführen. Laut dem Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) macht der touristische Verkehr 25 Prozent des Gesamtverkehrs aus - verursacht von ausländischen und in der Schweiz wohnhaften Touristen. Der alltägliche Freizeitverkehr der Schweizer Wohnbevölkerung macht weitere 27 Prozent aus.
Einschränkungen in der Freizeitmobilität hält Arnold für wenig realistisch. «Man kann den Menschen nicht sagen, sie sollen zu Hause bleiben.» Aber es brauche Lösungen, um die Zunahme des Freizeitverkehrs besser unter Kontrolle zu bringen. Es gebe zum Beispiel Überlegungen in der Tourismusbranche, wie man die Menschen effizient zum Zielort bringen könne, etwa mit Direktverbindungen im öffentlichen Verkehr.
Massnahmen gegen Freizeitverkehr?
FDP-Ständerat Thierry Burkart ist gegen eine Begrenzung der Freizeitmobilität. «Die Leute werden älter und mobiler. Man kann das bedauern und sagen, sie sollen zu Hause bleiben. Ich finde, sie sollen ihre Mobilität auch ausleben dürfen.» Freizeitmobilität sei ein Privileg, das allen zur Verfügung stehen müsse.
Massnahmen, um Strasse und Schiene vom Freizeitverkehr zu entlasten, sieht die Basler GLP-Regierungsrätin Esther Keller im Mobility und Road Pricing: Mobility Pricing als benutzungsbezogene Verkehrsabgabe mit dem Ziel der Beeinflussung der Mobilitätsnachfrage und Road Pricing als Abgabe für die Benützung von Strassen. «Ich bin überzeugt, wir würden sehen, dass gewisse Leute nicht auch noch zur Rushhour unterwegs sind», sagt Keller.
Umstrittene Verkehrsabgaben
Auch die Zürcher SP-Nationalrätin Min Li Marti sieht in Mobility und Road Pricing sinnvolle Massnahmen. «Der Kanton Zürich wäre eigentlich bereit, einen Versuch zu machen, Basel-Stadt auch. Man macht es einfach nicht», sagt Marti. Das Modell könne auch sozial ausgestaltet werden, man müsse es einfach einmal versuchen.
Der Zürcher SVP-Nationalrat Mauro Tuena sieht das anders: «Mobility pricing und Road pricing heisst faktisch, freie Fahrt für reiche Bürger». Wer Geld habe, könne immer fahren. Mit Einschränkungen und Verbote funktioniere das nicht. «Ich bin für die Freiheit jedes einzelnen Bürgers bin», so Tuena.