Der Bauernverband hat sich zum EU-Vertragspaket geäussert. Man stehe grundsätzlich hinter dem bilateralen Weg, heisst es, doch eine richtige Position beziehen wolle man noch nicht. Markus Ritter, Präsident des Bauernverbandes, erklärt die Haltung der Landwirte.
SRF News: Der Bauernverband sagt weder Ja noch Nein. Was ist denn der wichtigste Grund, warum er keine Position bezieht?
Markus Ritter: Es ist der Stand des Verfahrens. Wir haben uns detailliert mit diesen EU-Verträgen auseinandergesetzt. Doch es liegt noch keine Botschaft des Bundesrates vor, geschweige denn ein Entscheid des Parlaments. Deshalb ist es zu früh, sich definitiv zu positionieren. Der Zeitpunkt für diesen Entscheid wird kommen, wenn das Parlament die Vorlage verabschiedet hat und es Richtung Volksabstimmung geht.
Die Landwirtschaft ist von vielen institutionellen Regeln und Ausgleichsmassnahmen ausgenommen. Was wollen Sie noch mehr?
Es ist so, dass wir mit den wichtigen bestehenden Landwirtschaftsabkommen nicht Teil dieses Vertragspakets sind. Die institutionellen Regeln werden aber trotzdem für die bestehenden Verträge gelten. Allenfalls gelten sie sogar, wenn später einmal das Freihandelsabkommen von 1972 neu verhandelt wird. Beim vorliegenden Vertragspaket ist uns vor allem der Lebensmittelteil wichtig. Und dort haben wir Bedenken bezüglich des Verfahrens.
Die Branchen werden nicht einbezogen, die Direktbetroffenen werden nicht angehört. So geht es für uns nicht.
Die vollständige Souveränität der Ernährungspolitik und der Landwirtschaft, ist das Ihre rote Linie?
Ja, es ist für uns entscheidend, dass die Schweiz ihre Entscheidungsfreiheit und die direktdemokratischen Rechte behält. Uns macht vor allem Sorge, dass neu bei der Umsetzung von Regeln ein Integrationsverfahren angewendet wird. Das bedeutet, dass die EU neue Regeln festlegt, die die Schweiz im Gemischten Ausschuss noch absegnen kann. Aber es gibt in der Schweiz kein Vernehmlassungsverfahren mehr, auch keine Beratung im Parlament. Die Branchen werden nicht einbezogen, die Betroffenen werden nicht angehört. So geht es für uns nicht.
Bei einem Nein bleibt alles, wie es ist. Heisst das, Sie pokern ein bisschen?
Ja, das ist so. Bei einem Nein werden die bisherigen Verträge weiterbestehen, und es gilt das bisherige Recht. Für uns ist wichtig, dass – wenn es etwas Neues kommt – unsere Rechte gewahrt bleiben. Wenn man ein Referendum gegen eine Vorlage ergreifen will, soll nicht immer das Damoklesschwert der Ausgleichsmassnahmen drohen. Das ist ein unhaltbarer Zustand, der geändert werden muss.
Bei der Hornkuh-Initiative ging es um ein Detail, und dort war das doppelte Mehr erforderlich. Und bei diesen Verträgen soll das nicht der Fall sein?
Der Bauernverband spricht sich für ein Ständemehr aus. Möchten Sie die Hürden so hoch wie möglich setzen?
Richtig. Das ist für uns ebenfalls eine entscheidende Frage: Ob die ländlichen Regionen in der Abstimmung auch zum Tragen kommen, oder ob man versucht, auf möglichst einfachem Weg mit reinem Volksmehr die Verträge durchzudrücken. Wir stimmen über viele Volksinitiativen so ab. Bei der Hornkuh-Initiative ging es um ein Detail, und dort war das doppelte Mehr erforderlich. Und bei diesen Verträgen soll das nicht der Fall sein?
Kurz gesagt: Steht der Bauernverband mehr hinter den bisherigen Bilateralen als hinter einem aktualisierten Vertrag?
Ja. Diese neuen EU-Verträge haben eine andere Qualität als die Bilateralen eins und zwei. Diesmal geht es um institutionelle Fragen, bei denen die Schweiz an die EU-Rechtsetzung angebunden wird, teilweise mit wenig Mitspracherecht. Uns ist wichtig, dass die Bevölkerung – auch die Bäuerinnen und Bauern – sich bewusst sind, worum es geht.
Das Gespräch führte Salvador Atasoy.