Morgen kocht René Burger ein Chateaubriand für rund 16 Gäste zum Heiligabend. Dass der 65-Jährige diese festliche Einladung machen kann, grenzt an ein Wunder. Er selber stürzte nach einem Herzinfarkt mit 50 ab, war arbeitslos und stark übergewichtiger Alkoholiker. Aufs Geld schauen muss er bis heute. In seinem früheren Leben hatte er dieses edle Rindsfilet gerne genossen.
Nach Riehen bei Basel zog der Berner Oberländer der Arbeit und der Liebe wegen, doch die Beziehung ging kurz darauf in die Brüche. Festtage empfand er als besonders einsam, weil viele seiner Bekannten diese jeweils bei ihren Familien verbringen. Doch er rappelte sich auf, schwor dem Alkohol ab und fand mit dem Kochen wieder Freude, die er gerne weitergibt.
Es ist ein Abend gegen Einsamkeit, für Freundschaft.
Dieses Jahr ist es das fünfte Mal, dass René Burger andere Menschen ohne Geld zu seinem Weihnachtsessen einlädt – christlich geprägt ist es nicht, damit auch andere sich wohlfühlen. «Es ist ein Abend gegen Einsamkeit, vielleicht auch ein Abend für Freundschaften.»
«Den Ausschlag gab der Corona-Winter; da sind die Leute wirklich fast verkümmert.» Zuvor hatte er mit seinem Hund Menschen in Altersheimen besucht, und während der Pandemie führte er Hunde von Menschen aus, die selber nicht hinaus durften. So kam ihm die Idee mit dem Essen, und nach sechs Gästen beim ersten Mal sei es rasch gewachsen, dank Unterstützung.
Er hat auch Stammgäste. Man lerne spannende Menschen kennen; mit einigen habe er übers Jahr Kontakt oder unternehme etwas. «Mir gibt es Zufriedenheit, dass die Leute glücklich sind. Und ich bin dann auch nicht allein.»
Viel Hilfe zum Helfen
Ein Quartiertreffpunkt stellt ihm Räume zur Verfügung, und für das Menu bekommt er Diverses gespendet, von Einkaufsgutscheinen bis zum Dessert. Rund Tausend Franken hat er heuer zur Verfügung für seinen Viergänger mit Apéro, Pilzsuppe und Salat im Voraus sowie süssem Buffet danach. «Ich kann einen so grosszügigen Abend machen, weil es so viele private Spender gibt.»
Damit nichts schiefgeht und alle den Abend geniessen können, kocht er alles einmal für sich probe. Die Einladung läuft über Facebook, und er hat auch heuer wieder für alle Plätze Anmeldungen.
Kochen begleitet ihn seit der Kindheit: Als Erstklässler sprang er für seine verunfallte Mutter ein und stand daheim am Herd. «Wir konnten uns keine Haushalthilfe leisten, und damit mein Vater zu Mittag essen konnte, stellten sie ein Gesuch, dass ich eine Stunde früher aus der Schule heimgehen konnte.» In der Folge brachte die Mutter ihm alles bei.
Inspiriert von Kochbüchern und -sendungen sei es heute «Freestyle-Kochen», was er tue, immer noch mit Freude. So serviert er sein Chateaubriand am Heiligabend nicht klassisch mit Béchamelsauce, sondern «auf einem rassigen Tomatenspiegel», wie er lächelnd erklärt.