Europaballone hängen an einem Gebäude der Pädagogischen Hochschule in Bern. Drinnen im Hörsaal Nummer 4 debattieren 200 Mitglieder der Neuen Europäischen Bewegung Schweiz (Nebs) über die Europapolitik.
Das Ja zur SVP-Initiative über Masseneinwanderung hat eine Schockwelle ausgelöst – und der Nebs neues Leben eingehaucht. Seither hat die Bewegung 250 Mitglieder gewonnen.
«Vernünftige Kräfte zusammenziehen»
Die Europa-Diskussion soll wieder unter die Leute gebracht werden, so die Losung des frisch gewählten Co-Präsidenten, SP-Nationalrat Martin Naef. «Die Isolation ist keine Option für die Zukunft unseres Landes. Sie kann es nicht sein», warnt er. «Deshalb müssen nun alle vernünftigen Kräfte zusammenstehen, um das Schicksal unseres Landes für die Zukunft unserer Kinder positiv zu beeinflussen.»
Wie einsame Rufer in der Wüste stehen die Nebs-Mitglieder für einen EU-Beitritt ein. Es sei ihm bewusst, dass ein Beitritt im Volk momentan keine Mehrheit fände, sagt der 22-jährige Nebs-Vizepräsident Sebastian von Graffenried. «Trotzdem muss man das kleine Feuer nicht auslöschen, sondern eine kleine Flamme weiterbrennen lassen», sagt er. Er wolle bereit sein, wenn sich die Option dereinst vielleicht doch einmal stelle.
Es ist die SVP, die mit ihrer Opposition gegen Brüssel die Diskussion dominiert. Von den Parteien sprechen sich nur noch SP und Grüne für einen EU-Beitritt aus. Daneben steht im Lager der Pro-Europäer nur noch die Nebs mit ihren gut 3000 Mitgliedern.
«Die Nebs hat den Mut, gegen die Mehrheit zu sein»
Eine breite Wirkung in der Öffentlichkeit kann sie nicht entfalten. Dennoch sei ihre Stimme wichtig, sagte Gastredner alt Bundesrat Moritz Leuenberger vor den Veranstaltungsgästen in Bern. «NIemand hat mehr den Mut, sich gegen die Mehrheit zu stellen. Eine Bewegung wie die Nebs hat ihn – und ich bin der Meinung, langfristig werden die Stimmbürger das belohnen.»
Und dennoch muss sich die Nebs die Frage gefallen lassen, warum sie es nicht geschafft hat, einen grösseren Einfluss zu gewinnen. Der pensionierte Diplomat Luzius Wasescha glaubt, in einer globalisierten Welt hätten immer mehr Schweizer Angst, ihre Identität zu verlieren. Eine Abschottung werde so attraktiver. Und gerade in dieser Situation sei die Nebs zu passiv gewesen, meint Wasescha selbstkritisch.
«Zehn Jahre lang waren wir tiefgekühlt, weil niemand eine Europa-Debatte wollte – das hätte gestört», sagt Waescha. «Ich glaube, heute sind wir soweit, dass wir stören müssen.» Künftig will die Nebs also im Volk eine offenere Europa-Diskussion anregen.