Antibiotika zählen zu den potentesten Heilmitteln gegen Infektionen. Doch weil sich Keime anpassen können, verlieren manche ihre Wirkung. Das verlängert Behandlungen oder verunmöglicht sie gar. Antibiotika-Resistenzen nehmen rasant zu, was nicht zuletzt Spitäler vor Probleme stellt – auch die Spitzenmedizin in der Schweiz.
In der Schweiz sterben jährlich rund 300 Menschen an Infektionen mit multiresistenten Bakterien. Resistenzen seien ein drängendes Problem, sagte Rakesh Padiyath, Direktor des Universitätsspitals Basel USB. Am Montag liess sich Anne Lévy, Direktorin des Bundesamts für Gesundheit BAG, die Massnahmen des USB erläutern.
Für viele medizinische Verfahren in Spitälern sind diese Resistenzen ein Risiko, etwa für Operationen, Kaiserschnitte oder Krebsbehandlungen. Laut dem Universitätsspital Basel erhält rund ein Drittel aller Schweizer Spitalpatientinnen und -patienten Antibiotika. Gegen Resistenzen hilft neben Hygiene – wie konsequente Handdesinfektion – vor allem ein optimaler Einsatz von Antibiotika.
Hälfte der Schweizer Spitäler nicht à jour
Laut einem Monitoring von 2024 hat jedoch erst die Hälfte der Schweizer Spitäler umfassende Programme, die den Antibiotika-Einsatz von der Verschreibung bis zur Wirkung überwachen. Ziele solcher «Antimicrobial Stewardship»-Programme sind weniger Nebenwirkungen, ein kürzerer Spitalaufenthalt und tiefere Behandlungskosten.
Das Programm des USB funktioniere gut, weil das Problem auf allen Ebenen ernst genommen und eingehalten werde, sagt Lévy. Sie hofft daher, dass andere Spitäler von diesem erfolgreichen Beispiel lernen könnten.
Manche Infektionen reisen etwa aus den Ferien mit in die Schweiz. Das sei ein relevantes Problem auch am USB, sagt Sarah Tschudin. Wer ins Universitätsspital Basel gehen muss und vorher im Ausland war oder sich gar dort hatte behandeln lassen, werde gezielt auf kritische Keime untersucht – sofern das USB es erfahre.
Darmkeime als Problem
Standen früher Keime im Fokus, die Haut und Nase besiedeln, machten heute eher Darmkeime Schwierigkeiten, erklärt Tschudin. Weil der Darm von diversen Bakterien besiedelt ist und diese auch braucht, ist die gezielte Bekämpfung hier schwieriger.
Der gezielte Einsatz sei im Spitalalltag eine Daueraufgabe, sagt Tschudin. Auch wegen des grossen Zeitdrucks: Ein Antibiotikum abzugeben, sei oft eine einfache Lösung. Am Universitätsspital arbeitet die Infektiologie eng mit anderen Abteilungen zusammen, etwa der Intensivstation.
Antibiotika-Resistenzen sind eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit.
Für das BAG seien Antibiotika-Resistenzen schon länger ein Schwerpunkt, sagte Lévy. «Sie sind eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit; man muss diese Bedrohung absolut ernst nehmen», betonte sie. Ohne wirksame Antibiotika stehe der medizinische Fortschritt auf dem Spiel.
Die Schweiz könne auch stolz sein: Dank bisheriger Efforts sei der Verbrauch von Antibiotika reduziert worden. Spitäler hätten eine wichtige Rolle unter anderem bei der Prävention von Infektionen oder in der Ausbildung.
Das Basler Unispital startet demnächst eine interne Kampagne für Sorgfalt im Umgang mit Antibiotika, auch mit Weiterbildungen. Eingesetzt werden solche nicht nur zur Infektionsbehandlung, sondern oft auch zur Vorbeugung, etwa vor Operationen. Gebe man sie dabei zu lange ab, könne das zu Resistenzen beitragen, mahnte Nina Khanna, Chefärztin für klinische Infektiologie.