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Zur Kasse gebeten Unbewilligte Demo kostet Organisator 80'000 Franken – geht das?

80'000 Franken für eine unbewilligte Demo im Kanton Wallis werfen die Frage nach der Verhältnismässigkeit auf.

Aktueller Fall im Wallis: Am 1. November fand in Sitten eine unbewilligte aber friedliche Pro-Palästina-Demo statt. Der Kanton schickte dem Organisator eine Rechnung in der Höhe von 80'000 Franken: Nach dem Walliser Polizeigesetz ist es möglich, Organisatoren von unbewilligten Kundgebungen an den Polizeikosten zu beteiligen. Der Betroffene kündigte an, rechtlich dagegen vorzugehen, derart hohe Gebühren wirkten abschreckend und schränkten das Demonstrationsrecht ein.

So machen es andere Kantone: Luzern führte vor einigen Jahren als erster Kanton eine Regelung ein, wonach Polizeikosten bei Ausschreitungen auf die Veranstalter unbewilligter Demonstrationen abgewälzt werden können. Wer Steine wirft oder Container anzündet, kann ebenfalls zur Kasse gebeten werden. Der Kanton Bern folgte mit einer ähnlichen Regelung. Auch in Zürich ist ab 2026 detailliert geregelt, wie teuer der Einsatz von Wasserwerfern oder geschützten Mannschaftstransportwagen den Veranstaltern unbewilligter Demos zu stehen kommt. Dagegen hat der Verein Demokratische Juristinnen und Juristen Zürich allerdings Beschwerde eingereicht.

Unterschiedliche Berechnung: Die Kosten für Polizeieinsätze variieren stark. Zürich verlangt für einen «normalen» Polizisten 130 Franken pro Stunde, das Wallis 250 Franken. Diese Gebühren haben wenig mit den effektiven Löhnen zu tun: Ein Walliser Kantonspolizist verdient beim Berufseinstieg knapp 30 Franken pro Stunde, ein Zürcher Kantonspolizist rund 35 bis 40 Franken. Berücksichtigt werden laut Walliser Kantonspolizei auch die eingesetzten materiellen und technischen Mittel. Entscheidender dürfte aber die Obergrenze sein: Luzern, Zürich und Bern verrechnen maximal 30'000 Franken (Bern im Normalfall 10'000 Franken). Im Wallis hingegen gibt es keine Höchstgrenze.

Zwei Polizisten vor einem Pro-Palästina-Banner
Legende: An der Demonstration am 1. November nahmen rund 300 Personen teil. 80 Polizistinnen und Polizisten waren während vier Stunden im Einsatz. Keystone/Cyril Zingaro

Dürfen die Kantone das? Ja, grundsätzlich dürfen die Kantone in ihren Gesetzen die Überwälzung von Polizeikosten auf Demo-Organisatoren und randalierende Demonstrierende vorsehen. Das Bundesgericht hat entsprechende Regelungen der Kantone Luzern und Bern in Ordnung gefunden. Gestrichen hat es hingegen eine Bestimmung im Luzerner Gesetz, wonach die Kosten gleichmässig auf alle Demonstrierende verteilt worden wären. Laut Bundesgericht muss zwischen Randalierern und passiven Kundgebungsteilnehmern differenziert werden.

Walliser könnte trotzdem Recht bekommen: Grundrechtsanwalt Viktor Györffy von den Demokratischen Juristinnen und Juristen Schweiz gibt der Beschwerde gegen die Walliser Rechnung gute Erfolgsaussichten. «Eine Überwälzung in der Höhe von 80'000 Franken dürfte kaum verhältnismässig sein.» Dass der Kanton Wallis keine Obergrenze kenne, sei problematisch. «Bei so hohen Kosten traut sich niemand mehr, eine Demo zu organisieren oder daran teilzunehmen», sagt Györffy. Das verstosse gegen die Versammlungsfreiheit.

Friedliche Demos: Die Demo in Sitten blieb friedlich. Im Kanton Wallis zählt jedoch allein, ob sie bewilligt war. Auch das neue Zürcher Gesetz – vom Volk klar angenommen – differenziert nicht, ob eine Demo eskaliert ist oder nicht. «Dass auch für friedliche Demos Kosten verrechnet werden, ist noch viel kritischer», sagt Györffy. Bleibt abzuwarten, wie die Gerichte das sehen.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 2.12.2025, 17:30 Uhr;liea

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