An einer unscheinbaren Quartierstrasse unweit des Basler Fussballstadions befindet sich eine Betonkonstruktion. Sie ist überwuchert von Pflanzen. Eine mit Graffiti verschmierte Türe versperrt den Weg ins Innere. Die meisten Passanten, die hier vorbeispazieren, haben keine Ahnung, was das für ein Gebäude ist.
Nur wer sich die Mühe macht, eine Inschrift zu entziffern, erhält einen Hinweis darauf, was der Betonklotz sein könnte. Vermerkt ist nämlich das Baujahr 1940 – ein Datum mitten im 2. Weltkrieg.
Der Betonklotz – das ist der Bunker «Beatrice». Den Namen gaben ihm die Soldaten, die ihn bauten. Zwölf solche Bunker aus dem 2. Weltkrieg stehen noch in Basel. Dies zeigt das neu erschienene Buch «Basler Bunker» des Historikers Oswald Inglin auf.
Insgesamt wurden zwischen dem Kriegsausbruch im September 1939 und Sommer 1940 in Basel 85 Bunker gebaut. Im Bunker «Beatrice» konnten sich damals vier bis fünf Soldaten verschanzen und von dort aus mit einer Infanteriekanone feindliche Truppen beschiessen.
Basel war in jenen Monaten eine Festung. Das zeigt die beachtliche Zahl von Befestigungsanlagen, die in kürzester Zeit entstanden sind. Zudem waren in Basel 15'000 Soldaten stationiert.
Sie sollten verhindern, dass deutsche Truppen über Basel nach Frankreich einmarschieren. «Basel war bis an die Zähne bewaffnet», sagt Historiker Inglin. «Wenn Basel erobert worden wäre, dann wäre das für die Schweiz auch psychologisch sehr schlimm gewesen.»
Als sich die Kriegslage im Sommer 1940 änderte, verlor Basel seinen Status als Festung. Die Stadt war nach dem Einmarsch von Nazideutschland in Frankreich fortan von den Achsenmächten umzingelt. Die Schweizer Armeeführung beschloss deshalb, dass Basel bei einem Angriff nicht mehr verteidigt würde. Die Stadt würde dem Feind kampflos übergeben. Ein Szenario, das jedoch nie eintraf, wie wir heute wissen.
Basler Bunker im 2. Weltkrieg
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Bild 1 von 4. 1941: Ein Soldat bewacht aus einem Bunker in Basel die Grenzen. Gefahr drohte aus dem Norden: Greifen die Deutschen die Schweiz an? Bildquelle: Staatsarchiv Basel-Stadt:.
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Bild 2 von 4. Ausgerüstet waren die Soldaten auch mit Maschinengewehren. Sie kamen nie zu einem Ernsteinsatz. Bildquelle: Staatsarchiv Basel-Stadt:.
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Bild 3 von 4. Die Bunker waren über das ganze Stadtgebiet verteilt. Dieser befand sich in der Nähe der Eisenbahnbrücke über den Rhein. Bildquelle: Staatsarchiv Basel-Stadt .
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Bild 4 von 4. Andere waren mitten in der Stadt. Wie hier am Riehenring im Kleinbasel. Bildquelle: Staatsarchiv Basel-Stadt.
Die wenigen Bunker, die heute in Basel noch stehen, zeugen von dieser Zeit. Die Basler Geschichtsforschung hat sich bisher jedoch erstaunlich wenig mit den Verteidigungsanlagen in der Stadt beschäftigt.
Historiker Inglin sagt: «Es gibt wunderschöne Bücher über die mittelalterlichen Stadttore und Befestigungsmauern. Aber die letzte Befestigung im 2. Weltkrieg fand bislang keine Erwähnung, obwohl die Situation für die Stadt damals sehr gefährlich war.»
Diese Zeit ins historische Gedächtnis zurückzuholen, sei das Ziel seines neuen Buchs, sagt Inglin. Die Thematik sei aktuell. Durch den Krieg in der Ukraine sei vielen Menschen auch hierzulande bewusst geworden, dass es sinnvoll sein könnte, sich auf einen Ernstfall vorzubereiten. Die Bunker aus dem 2. Weltkrieg würden zeigen, wie sich die Armee damals aufs Schlimmste einstellte.
Heute haben die Bunker keine Bedeutung mehr
Die Bunker in Basel sind auch deshalb in den vergangenen Jahrzehnten in Vergessenheit geraten, weil sie öffentlich nicht zugänglich sind. Um den Bunker «Beatrice» zu betreten, braucht es eine Bewilligung der Armee, die Besitzerin des Bunkers ist. Militärisch hat er keine Bedeutung mehr. «Mit modernen Waffen könnte man ihn innert kürzester Zeit zerstören», sagt Oswald Inglin.