Wenn man zählt, wie viele Tage geheizt wird, wie viele Autos durch die Stadt kurven und wie viel Abfall verbrannt wird – dann lässt sich daraus der direkte CO₂-Ausstoss einer Stadt errechnen. Nur: Stimmt die Rechnung wirklich? Um das zu überprüfen, kann man in der Luft den tatsächlichen CO₂-Gehalt messen – Tag und Nacht, das ganze Jahr.
Doch das CO₂ ist flüchtig. Was aus dem Auspuff oder dem Kamin kommt, verteilt sich schnell, sagt Lukas Emmenegger von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa): «Das CO₂ wird mit dem Wind verfrachtet und verdünnt. Diesen Transport müssen wir mit hoher Qualität modellieren und mit unseren Messungen vergleichen.»
Es braucht also Modelle, vereinfachte aber möglichst präzise Darstellungen, um die Verteilung des CO₂ in der Luft je nach Windrichtung korrekt darstellen zu können. Und damit nicht genug.
Komplexe Berechnungen
Die Vegetation: Bäume, Büsche und Gräser nehmen CO₂ auf – und wir Menschen geben umgekehrt beim Ausatmen CO₂ ab. In der Stadt Zürich mache das etwa zehn Prozent der vom Menschen verursachten CO₂-Emissionen aus, erklärt Emmenegger. «Es ist also ein nicht unwesentlicher Teil.»
Der natürliche CO₂-Kreislauf muss herausgerechnet werden, um möglichst akkurat beziffern zu können, wie viel CO₂ wir durch fossile Quellen in die Luft bringen.
Die Genauigkeit dieser Messungen lässt sich offenbar sehen. «Wir haben drei grundsätzlich unterschiedliche Methoden verwendet und sind froh darüber, dass diese sehr gut übereinstimmen», sagt Emmenegger. Zudem haben diese Messungen auch die bisherigen Berechnungen des Emissionsinventars weitgehend bestätigt. Sie lagen leicht zu hoch.
Auch in Paris und in München wurde gemessen – und da gab es zum Teil Überraschungen. «In München hat man etwa entdeckt, dass eine Brauerei in der Nähe der Messungen sehr hohe CO₂-Messungen verursacht», so der Umwelttechniker.
Die deutsche Braukunst hat unter dem Strich zwar keine klimatischen Auswirkungen, muss in den Gesamtrechnungen der städtischen Emissionen aber mitberücksichtigt werden.
Löwenanteil bei indirekten Emissionen
Im Fall von Zürich gab es keine Überraschungen. Hier versteckt sich – wie in anderen Ballungsräumen – allerdings der grösste Teil der Emissionen in unserem Konsum: in der Bautätigkeit, der Ernährung und unseren Flugreisen. Diese indirekten Emissionen werden zwar verursacht von den Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt, sie fallen aber ausserhalb der Stadt an.
Viele Städte auf der Welt hätten bisher kein CO₂-Emissionsinventar oder nur ein sehr rudimentäres, sagt Emmenegger: «Es gibt sehr viele Quellen, die man nicht kennt oder falsch einschätzt. Dies belegen auch andere Messungen, die wir international gemacht haben.»
Wichtige Erkenntnisse für andere Städte
Sprich: Bestimmte Industriebetriebe erweisen sich – sobald man die CO₂-Emissionen misst – als wahre Treibhausgasschleudern. Die Zementindustrie etwa, die Stahlproduktion, aber auch die Abfallwirtschaft. Hier lohnt es sich am meisten, den Klimaschutz gezielt voranzutreiben.
«Es gibt keine erfolgreiche Diät ohne eine Waage», schliesst Emmenegger. Die mehrjährigen Messerfahrungen aus Zürich sind somit auch interessant für viele weitere Städte. Die genau geeichte Waage aus Zürich kann nun auch in anderen Städten in Europa, Afrika oder Asien eingesetzt werden.