«A future we choose» heisst es auf dem Cover des «Global Environment Outlook» der UNO. Übersetzt: «Wir gestalten unsere Zukunft selbst.» Ein hoffnungsvoller Appell, dem ein alarmierender Befund zugrunde liegt: Die Erde ist in der Krise.
287 Forschende aus 82 Ländern haben sechs Jahre an dem Bericht gearbeitet. Er wurde allerdings ohne «politischen Anhang» publiziert: Die Zusammenfassung der Ergebnisse, die von der Staatengemeinschaft gestützt wird, fehlt.
«Bedauerlicher Präzedenzfall»
Die USA und weitere Länder forderten die Forschenden auf, ihre Befunde abzuschwächen. Diese waren dazu nicht bereit – entsprechend versagten die Regierungen ihre Zustimmung. «Das ist ein bedauerlicher Präzedenzfall», sagt Sonia Seneviratne, Klimaforscherin an der ETH, gegenüber SRF News.
Für sie zeigt der Bericht vor allem eines: Es gibt verschiedene globale Krisen, die miteinander verbunden sind – die Folgen des Klimawandels, der Rückgang der Biodiversität, die Umweltverschmutzung und der Landverlust.
Die Krisen würden durch einen gemeinsamen Treiber beschleunigt, so die Forscherin, nämlich durch die fossilen Energieträger, also den Verbrauch von Erdöl, Gas und Kohle. «Wissenschaftlich ist das sehr gut etabliert.»
Die Zeit läuft davon – es braucht jetzt Massnahmen auf allen Ebenen.
«All diese Probleme können nur gemeinsam gedacht werden. Sie untergraben unsere Wirtschaft, verstärken Armut, schaden unserer Gesundheit und entziehen uns die Lebensgrundlage», sagt auch der britische Klimaforscher Bob Watson, einer der Hauptautoren des Berichts.
Sein Schluss: «Die Zeit läuft davon. Es braucht jetzt Massnahmen auf allen Ebenen: von den Regierungen, von dem Finanzsektor, von der Industrie und von jedem Einzelnen.»
Politische Blockade
Der Bericht ruft zu einer international koordinierten Kraftanstrengung auf, um Gegensteuer zu geben. Gerade hier hapert es allerdings, wie Seneviratne ausführt: «Gewisse Länder haben Interessenkonflikte und wollen diese Schlussfolgerungen nicht wahrhaben.»
An der jüngsten Klimakonferenz in Brasilien blieben die Ergebnisse mager. Im Sommer scheiterten die Verhandlungen in Genf für ein UNO-Abkommen gegen Plastikabfall – der Widerstand der Ölförderstaaten war zu gross. Auch beim UNO-Umweltbericht war es nicht möglich, einen politischen Konsens herzustellen.
Die USA und ihre Nachahmer
Für Watson ist gerade das Ausscheren der USA problematisch. «Andere Länder könnten sich fragen, warum sie etwas tun sollten, wenn nicht einmal die Amerikaner an Bord sind.» Trotzdem zeigt er sich hoffnungsvoll, dass andere Länder ihre Anstrengungen vorantreiben.
Für Seneviratne bleiben die Erkenntnisse des UNO-Umweltberichts auch ohne die volle politische Rückendeckung eminent wichtig. Denn er stelle nicht nur die Probleme dar, sondern zeige auch Lösungswege auf.
UNO sieht lohnendes Investment
Es brauche nun mehr Investitionen in klimafreundliche Technologien und eine nachhaltige Reduktion der Emissionen, so die Wissenschaftlerin. «Kurzfristig wird uns das etwas kosten, langfristig werden wir aber sehr viel Geld sparen.»
Dass sich Umweltschutz auszahlt, hält auch der UNO-Bericht fest. Demnach soll der wirtschaftliche Nutzen die Investitionskosten bereits ab 2050 deutlich übersteigen – und bis 2070 jährlich 20 Billionen US-Dollar betragen.