Totgesagte leben oft länger: Die Mobilitätsmesse im September in München und die Automesse in Shanghai diesen Frühling haben gezeigt, dass solche Veranstaltungen weiterhin ein grosses Publikum anziehen. Die Anlässe ermöglichen interessierten Kreisen einen direkten Konkurrenzvergleich.
«Egal ob es ein günstiges Auto ist oder nicht, man möchte es anfassen und reinsitzen können», sagt Claudia Meyer, Geschäftsführerin der Renault Group Schweiz, und das könne man an einer Messe. Für den französischen Hersteller seien deshalb Messen und Shows weiterhin zentral. Das zeigt sich auch daran, dass Renault 2024 der einzige grosse europäische Autohersteller war, der an der Neuauflage des Genfer Autosalons teilgenommen hatte.
«Auto Zürich» ist nicht der Genfer Autosalon
Die Automesse Zürich ist 1987 als Verkaufsmesse von lokalen Autohändlern gestartet und hat diesen Charakter bis heute behalten: Fahrzeuge können direkt ab Messe gekauft werden.
Anders in Genf. Da ging es primär um die neusten Modelle und visionäre Konzeptfahrzeuge, welche die Hersteller in aufwändigen Shows inszeniert haben. Dazu gehörten auch spektakuläre Messestände, die oft Millionen kosteten. Für etliche Produzenten waren die hohen Kosten ein entscheidender Grund, dass sie an Messen wie Genf nicht mehr teilgenommen haben.
An der «Auto Zürich» hingegen kommen alle Stände im gleichen Design und Format daher, da sie durch den Veranstalter aufgebaut werden. «Die Autohändler erhalten so einen schlüsselfertigen Stand zu klar kalkulierbaren Preisen», sagt Ines Nägeli, die Geschäftsführerin von «Auto Zürich». Zudem seien die Standmieten seit 39 Jahren unverändert. Dieses vergleichsweise preiswerte Messekonzept kommt vielen Händlern entgegen, da die Branche wirtschaftlich schwierige Zeiten durchläuft.
Die Automesse als Publikumsmagnet
In den besten Jahren reisten jeweils zwischen 600'000 und 800'000 Besucherinnen aus dem In- und Ausland nach Genf. Bezüglich des Publikumsaufmarschs ist die «Auto Zürich» nicht mit dem Salon vergleichbar, auch wenn die Gästezahl von Jahr zu Jahr steigt: Die Veranstalter rechnen für dieses Jahr mit gut 60'000 Interessierten. Allerdings dauert die Messe in Zürich vier Tage und nicht zehn Tage, wie damals der Autosalon.
Gerade für viele Deutschschweizer war die jährliche Reise nach Genf ein wiederkehrendes Ritual. Nun gibt es erste Anzeichen, dass sich dieses Muster umgedreht hat, insbesondere seit dem Ende des Autosalons. «Man spricht definitiv mehr französisch», beobachtet Ines Nägeli, da Gäste vermehrt aus der Romandie und dem Elsass nach Zürich kämen.
Viele neue Automarken aus China
Der Automarkt ist heute global. Dieser Wettbewerb widerspiegelt sich auch an der «Auto Zürich» mit fast 70 Marken unter einem Dach: Nebst den traditionsreichen Marken sind dieses Jahr ein Dutzend chinesische Produzenten präsent.
«Die chinesischen Hersteller sind in Europa im Vormarsch, das geschieht jetzt», so die Messechefin. Zu diesen Marken gehören beispielsweise BYD oder Leapmotor, die bereits seit einigen Monaten ihre Fahrzeuge in der Schweiz verkaufen. Gleichzeitig sind weitere Hersteller wie Zeekr oder XPeng zu sehen, die erst daran sind, in der Schweiz Fuss zu fassen. Diese globale Vielfalt wird dem Anspruch einer Messe – einem Direktvergleich der Konkurrenz – durchaus gerecht.