Auf der Baustelle im zürcherischen Russikon fahren Bagger im Minutentakt. Sie graben und schaufeln den Aushub weg. Doch trotz des normalen Anscheins ist Russikon keine gewöhnliche Baustelle.
Hier entsteht auf der grünen Wiese wieder eine grüne Wiese. In Russikon handelt es sich um ein sogenanntes Bodenaufwertungsprojekt. Der Boden, der bei anderen Bauarbeiten in der Umgebung angefallen ist, wird hier wiederverwertet. Dadurch wird die Bodenqualität aufgewertet.
Jessica Abt begleitet das Projekt seit Beginn. Als bodenkundliche Baubegleiterin kümmert sie sich darum, dass der Boden bei Bauarbeiten so wenig wie möglich belastet wird.
Der Schutz von Boden ist wichtig, denn dieser ist nicht nur die Grundlage für die Produktion von Nahrungsmittel, er sorgt auch für sauberes Trinkwasser und schützt vor Naturgefahren.
Direkter Beitrag zur Bodenstrategie
Das Land in Russikon war für Landwirtschaft kaum mehr geeignet. «Der Bodenaufbau stimmte nicht», sagt Bauherr Roger Reichmuth, der auf Bodenaufwertungsprojekte spezialisiert ist.
Das Feld sei zwar weiterhin für den Anbau von Zierpflanzen verwendet worden, aber die Qualität des Bodens sei für die Landwirtschaft nicht mehr besonders attraktiv gewesen.
Durch das Auftragen von Boden, der bei anderen Baustellen angefallen ist, wird das Land nun wieder fruchtbarer gemacht. Ausserdem wird der Boden um mehrere Meter angehoben, damit das Regenwasser natürlich abfliessen kann. Denn bis anhin war das Gebiet eine Mulde, in der sich das Wasser gestaut hat.
Damit leistet das Projekt in Russikon einen direkten Beitrag zur Umsetzung der Bodenstrategie des Bundes. Diese sieht vor, dass ab 2050 in der Schweiz unter dem Strich kein Boden mehr verloren geht.
«Einige Pilotprojekte mit Kantonen und Gemeinden sind bereits am Laufen. Dadurch sollen praxistaugliche Instrumente entwickelt werden, die dazu beitragen, den Boden in der Raumplanung besser zu berücksichtigen», sagt Gudrun Schwilch, Leiterin der Sektion Boden beim Bundesamt für Umwelt.
Bis hin zum Netto-Null-Ziel sei der Weg jedoch noch lang. «Grundsätzlich ist das Wissen um den Wert und die wichtigen Funktionen der Böden noch nicht breit vorhanden», so Schwilch.
Zeitdruck und fehlende Sensibilisierung
Diese Herausforderung kennt auch Jessica Abt aus ihrer täglichen Arbeit. Der hohe Zeitdruck auf Baustellen führe dazu, dass wertvoller Boden manchmal fälschlicherweise auf der Deponie lande.
Gerade auf kleineren Baustellen werde Boden öfters mit Aushubmaterial verwechselt. Denn eine bodenkundliche Baubegleitung ist in der Schweiz nur auf grösseren Baustellen Pflicht.
«Der Bodenschutz sollte bereits in der Planung lange bevor der erste Bagger anrollt, berücksichtigt werden», sagt Abt. Dadurch können Schäden – und auch zusätzliche Kosten – vermieden werden.
Dies ist auch deshalb wichtig, weil Boden als nicht erneuerbar gilt. Im Durchschnitt dauert es über Tausend Jahre, bis sich ein Meter davon gebildet hat.