Zurzeit laufen in vielen Betrieben Lohnverhandlungen. Während die wirtschaftliche Unsicherheit und steigende Arbeitslosigkeit den Spielraum für Lohnerhöhungen schmälert, können Arbeitnehmende in Berufen mit Fachkräftemangel nach wie vor Forderungen stellen. Zum Beispiel im handwerklichen Gewerbe.
Lange Suche nach Arbeitskräften
«Wir müssen schauen, dass wir die guten Leute behalten können», sagt Thomas Keller. Er führt den Elektrobetrieb Erhard Keller mit rund 30 Angestellten in Zofingen AG. Die verhandelten Löhne, die er zahle, gingen in der Regel über den Mindestlohn der Branche hinaus.
Er sagt, die Anforderungen der Jüngeren seien gestiegen. «Sie verkaufen sich anders. Sie wissen, was sie wert sind. Sie wollen ein bisschen mitbestimmen können. Und sie wissen auch, dass Fachkräftemangel herrscht.» Der Markt sei ausgetrocknet, er suche lange nach Angestellten.
Arbeitgeber müssen sich mehr Mühe geben
Cornel Müller analysiert mit seinem Unternehmen «x28» den Arbeitsmarkt und stellt seine Daten unter anderem der ETH Zürich, diversen Kantonen oder dem Staatssekretariat für Wirtschaft zur Verfügung. Im Pflegebereich und im Handwerkerbereich herrsche weiterhin Fachkräftemangel.
Zeichen davon sieht er auch in den Stellenausschreibungen: «Man sieht, dass viel mehr Arbeitnehmervorteile in den Vakanzen vorkommen. Das kann sein: freitags frei, fünf oder sechs Wochen Ferien, Freitagabendbier. Man merkt, dass Arbeitgeber sich mehr Mühe geben müssen.»
Er weist aber darauf hin: Der Fachkräftemangel sei derzeit auf 50 bis 80 Berufe beschränkt. Im Rest der rund 3000 Berufe – vor allem Bürojobs – hätten die Arbeitgeber das Sagen. Diese Jobs seien im Übrigen auch gefährdeter, der künstlichen Intelligenz zum Opfer zu fallen.
Müller sagt: «Es ist schlichtweg teurer, einen Roboter zu entwickeln, der einen Zügelmann oder eine Zügelfrau ersetzt, als manchen Büroberuf, für den es nur, in Anführungszeichen, eine schlaue Software braucht.»
Es gibt eine Schmerzgrenze
Bei Unternehmer Thomas Keller wird noch viel menschliche Arbeit gebraucht. Im nächsten Jahr steigen die Löhne um mindestens einen Prozent. So lautet das Ergebnis der Lohnverhandlungen der Branche.
Als kleiner Betrieb wird er versuchen, bei dem einen oder anderen Gespräch darüber hinausgehen, um seine Leute zu halten. Er weist aber darauf hin, dass es eine Schmerzgrenze gebe. «Der Kunde ist auch nicht bereit, jeden Preis zu bezahlen.»