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Frauenmangel im Rohstoffhandel «In der Industrie redet man von einer ‹Mutterschaftsstrafe›»

Maryana Yarmolenko Stober setzt sich für mehr Frauen im Rohstoffhandel ein. Die Anwältin aus der Ukraine kennt die Hindernisse für Mütter in dieser nach wie vor männerdominierten Industrie.

Maryana Yarmolenko Stober eilt im Nobelhotel Intercontinental in Genf von Saal zu Saal, umarmt Kolleginnen, schüttelt Hände. Es ist die Geneva Commodities Week, eine der wichtigsten Wochen im Handelszentrum Genf.

Zwei Frauen neben einem Plakat.
Legende: Maryana Stober (links) und ihre Wista-Kollegin Mathilde de Mareuil wollen in der Rohstoffindustrie mehr Frauen in Führungspositionen sehen. SRF / Dario Pelosi

Mit ihrer Kollegin Mathilde de Mareuil organisiert Stober hier erstmals die «International Commodities Show», eine Veranstaltung, die junge Studierende für Jobs im Rohstoffsektor begeistern soll.

Kaum Frauen in Führungsfunktionen

Maryana Stober ist Präsidentin von «Wista Switzerland». Das ist die Schweizer Sektion des weltweiten Netzwerks «Women's International Trading and Shipping Association».

Das Wista-Netzwerk

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Gruppe Frauen an einem Tisch
Legende: Der (fast vollzählige) Vorstand von «Wista Switzerland» mit Präsidentin Maryana Stober (ganz rechts). SRF / Dario Pelosi

«Wista International», die «Women's International Shipping and Trading Association» ist eine weltweite Organisation, die Frauen in Führungspositionen in der nach wie vor von Männern dominierten Rohstoffindustrie fördern und vernetzen soll. Vor allem sollen Geschlechterunterschiede in der Branche benannt und beseitigt werden. Gegründet wurde «Wista International» 1974. Sie zählt 62 nationale Wista-Organisationen wie «Wista Switzerland». Das Schweizer Netzwerk gibt es seit 2009 und es zählt rund 200 Mitglieder. Verschiedene grosse Rohstoffkonzerne treten auch als Sponsoren und Partner auf.  

«Es gibt nach wie vor grosse Unterschiede zwischen Männern und Frauen beim Lohn», sagt die Anwältin. Und Frauen seien nur selten in Führungspositionen zu finden. «33 Prozent der Beschäftigten im Rohstoffsektor sind weiblich, aber nur 20 Prozent von ihnen haben Kader-Jobs.»

«Mutterschaftsstrafe»

Generell bedeuten Jobs im Rohstoffsektor lange Arbeitstage und grosse interne Konkurrenz. Dies als Mutter zu bewältigen, sei äusserst schwierig. «In der Rohstoffbranche spricht man von einer ‹Mutterschaftsstrafe›», sagt Stober.

Meistens muss ein Elternteil kürzertreten. Zehn Jahre später zeigt sich dann ein deutlicher Knick in der Karriere.
Autor: Maryana Stober Mutter und Anwältin in der Rohstoffindustrie

Die Mutter einer 11-jährigen Tochter kennt das Problem aus eigener Erfahrung. Die Modelle der Kinderbetreuung in der Schweiz seien veraltet, kritisiert sie: «Es ist so schwierig, als Mutter 100 Prozent zu arbeiten. Meistens muss eine Person kürzertreten. Zehn Jahre später zeigt sich dann ein deutlicher Knick in der Karriere. Das ist das grösste Problem.»

Trotz dieser schwierigen Erfahrungen liebt Maryana Yarmolenko Stober die Schweiz. Vor 17 Jahren kam die 44-jährige Juristin aus der Ukraine nach Genf, für einen Job bei einem grossen Agrar-Handelskonzern. Damals habe sie wenig Ahnung von der Schweiz gehabt, erinnert sie sich und grinst: «Ich kam im Januar nach Genf und fragte mich, weshalb es an den Wochenenden keine Menschen in der Stadt hatte. Alle gingen Ski fahren.» Sie habe schnell viel über die Schweiz lernen müssen.

Die Bubble verlassen

Anfänglich hätten sie und ihr schwedischer Mann in der internationalen Bubble von Genf gelebt. Sie hätten aber auch schnell realisiert, dass sie diese Bubble verlassen müssen, um die Schweiz besser kennenzulernen. «Das Erste war, Französisch zu lernen. Dann schlossen wir Freundschaften mit Schweizerinnen und Schweizern, reisten im Land herum und lernten es kennen», erzählt die mittlerweile eingebürgerte Anwältin.  

Zwei Frauen schauen auf Tabellen
Legende: Maryana Stober (links) durchforstet mit einer Helferin die Liste der Teilnehmenden ihrer Veranstaltung. SRF / Dario Pelosi

Im Rohstoffgeschäft ist ein gutes Netzwerk zentral. Als junge Anwältin habe sie dieses beim Frauen-Netzwerk «Wista Switzerland» gefunden. Von ihren männlichen Kollegen seien die Frauen anfänglich belächelt worden. «Manche bezeichneten uns respektlos als Shopping-Vereinigung.» Mittlerweile habe in der Branche ein Umdenken stattgefunden.

Mehr Männer in Frauen-Netzwerk

Maryana Yarmolenko Stober ist ehrgeizig. Sie will mehr männliche Mitglieder für die  «Women's International Shipping and Trading Association» gewinnen, diese zu einer offenen Diskussionsplattform machen.

Gleichberechtigung in 120 Jahren

Netzwerke sind zentral, auch wenn es darum geht, Gleichberechtigung zu erlangen. Wann das sein werde? Maryana Stober schmunzelt: «Je nach Land in 50 oder 120 Jahren. Aber wir können mit ‹Wista› auch sehr kurzfristig etwas bewegen.»

Rendez-vous, 10.11.2025, 12:30 Uhr; sten

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