Maryana Yarmolenko Stober eilt im Nobelhotel Intercontinental in Genf von Saal zu Saal, umarmt Kolleginnen, schüttelt Hände. Es ist die Geneva Commodities Week, eine der wichtigsten Wochen im Handelszentrum Genf.
Mit ihrer Kollegin Mathilde de Mareuil organisiert Stober hier erstmals die «International Commodities Show», eine Veranstaltung, die junge Studierende für Jobs im Rohstoffsektor begeistern soll.
Kaum Frauen in Führungsfunktionen
Maryana Stober ist Präsidentin von «Wista Switzerland». Das ist die Schweizer Sektion des weltweiten Netzwerks «Women's International Trading and Shipping Association».
«Es gibt nach wie vor grosse Unterschiede zwischen Männern und Frauen beim Lohn», sagt die Anwältin. Und Frauen seien nur selten in Führungspositionen zu finden. «33 Prozent der Beschäftigten im Rohstoffsektor sind weiblich, aber nur 20 Prozent von ihnen haben Kader-Jobs.»
«Mutterschaftsstrafe»
Generell bedeuten Jobs im Rohstoffsektor lange Arbeitstage und grosse interne Konkurrenz. Dies als Mutter zu bewältigen, sei äusserst schwierig. «In der Rohstoffbranche spricht man von einer ‹Mutterschaftsstrafe›», sagt Stober.
Meistens muss ein Elternteil kürzertreten. Zehn Jahre später zeigt sich dann ein deutlicher Knick in der Karriere.
Die Mutter einer 11-jährigen Tochter kennt das Problem aus eigener Erfahrung. Die Modelle der Kinderbetreuung in der Schweiz seien veraltet, kritisiert sie: «Es ist so schwierig, als Mutter 100 Prozent zu arbeiten. Meistens muss eine Person kürzertreten. Zehn Jahre später zeigt sich dann ein deutlicher Knick in der Karriere. Das ist das grösste Problem.»
Trotz dieser schwierigen Erfahrungen liebt Maryana Yarmolenko Stober die Schweiz. Vor 17 Jahren kam die 44-jährige Juristin aus der Ukraine nach Genf, für einen Job bei einem grossen Agrar-Handelskonzern. Damals habe sie wenig Ahnung von der Schweiz gehabt, erinnert sie sich und grinst: «Ich kam im Januar nach Genf und fragte mich, weshalb es an den Wochenenden keine Menschen in der Stadt hatte. Alle gingen Ski fahren.» Sie habe schnell viel über die Schweiz lernen müssen.
Die Bubble verlassen
Anfänglich hätten sie und ihr schwedischer Mann in der internationalen Bubble von Genf gelebt. Sie hätten aber auch schnell realisiert, dass sie diese Bubble verlassen müssen, um die Schweiz besser kennenzulernen. «Das Erste war, Französisch zu lernen. Dann schlossen wir Freundschaften mit Schweizerinnen und Schweizern, reisten im Land herum und lernten es kennen», erzählt die mittlerweile eingebürgerte Anwältin.
Im Rohstoffgeschäft ist ein gutes Netzwerk zentral. Als junge Anwältin habe sie dieses beim Frauen-Netzwerk «Wista Switzerland» gefunden. Von ihren männlichen Kollegen seien die Frauen anfänglich belächelt worden. «Manche bezeichneten uns respektlos als Shopping-Vereinigung.» Mittlerweile habe in der Branche ein Umdenken stattgefunden.
Mehr Männer in Frauen-Netzwerk
Maryana Yarmolenko Stober ist ehrgeizig. Sie will mehr männliche Mitglieder für die «Women's International Shipping and Trading Association» gewinnen, diese zu einer offenen Diskussionsplattform machen.
Gleichberechtigung in 120 Jahren
Netzwerke sind zentral, auch wenn es darum geht, Gleichberechtigung zu erlangen. Wann das sein werde? Maryana Stober schmunzelt: «Je nach Land in 50 oder 120 Jahren. Aber wir können mit ‹Wista› auch sehr kurzfristig etwas bewegen.»