- Seit rund 20 Jahren wird am Handelsabkommen zwischen der EU und den südamerikanischen Mercosur-Staaten gearbeitet.
- Nun wird es eng für das grösste Freihandelsabkommen der Welt.
- Sollte die EU keine Mehrheit zustande bekommen, könnte es bis zu einem neuen Anlauf lange dauern.
Für das Freihandelsabkommen mit dem südamerikanischen Staatenbündnis Mercosur fehlt in der EU noch die erforderliche Mehrheit. Brasilien erhöht den Druck. Es will aus dem ausgearbeiteten Vertrag aussteigen, wenn sich die EU nicht schnell einigen kann. Die Würfel dürften heute in der EU fallen. Für Samstag ist die Unterzeichnung des EU-Mercosur-Abkommens geplant.
Auf der Seite der EU haben einzelne Staaten Bedenken. Vor allem wegen der Landwirtschaft. Die Bauern in Frankreich und Italien befürchten, unter enormen Preisdruck durch günstige Agrarprodukte aus Südamerika zu geraten. Polen und Österreich haben bereits angekündigt, wegen Sorgen von Landwirten und Bürgern gegen eine Unterzeichnung des Abkommens zu stimmen.
Um den Abschluss des Handelsabkommens doch noch zu ermöglichen, haben sich Vertreter der EU-Länder und des Europäischen Parlaments am Mittwoch auf zusätzliche Schutzklauseln für die Landwirtschaft verständigt.
Entscheidung am EU-Gipfel erwartet
Befürworter des Abkommens hoffen, dass die neuen Schutzklauseln dazu beitragen können, die für Samstag in Brasilien geplante Unterzeichnung des Abkommens zu ermöglichen. Dafür müssen zuvor im Rat der Mitgliedstaaten mindestens 15 der 27 EU-Staaten zustimmen. Zudem gilt die Hürde, dass diese zusammen auch mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen machen.
Ob die erforderliche Mehrheit zustande kommt, war bis zuletzt unklar. Eine Entscheidung wird am Rande des heute beginnenden EU-Gipfels erwartet.
Wenn wir es jetzt nicht tun, wird Brasilien keinen Deal mehr machen, solange ich Präsident bin.
Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva drohte am Mittwoch für den Fall eines Scheiterns mit einem Rückzug seines Landes aus dem geplanten Deal. Sollte das seit 1999 verhandelte Freihandelsabkommen nicht rechtzeitig vor der geplanten Unterzeichnung am Samstag von den EU-Ländern gebilligt werden, werde Brasilien es nicht mehr unterstützen. «Ich habe sie bereits gewarnt: Wenn wir es jetzt nicht tun, wird Brasilien keinen Deal mehr machen, solange ich Präsident bin», sagte Lula auf einem Regierungstreffen. Brasilien habe 26 Jahre auf das Abkommen gewartet.
Grösstes Freihandelsabkommen dieser Art
Die neue Freihandelszone mit mehr als 700 Millionen Einwohnern wäre nach Angaben der EU-Kommission die weltweit grösste dieser Art und soll auch ein Zeichen gegen die protektionistische Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump setzen. Geplant ist, Zölle und Handelsbarrieren zwischen der EU und den Mercosur-Staaten weitestgehend abzubauen. Kritiker der Pläne befürchten, dass europäische Landwirte in einen gnadenlosen Preiskampf gezwungen werden könnten und die Regenwaldzerstörung in Südamerika befeuert wird.