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Imagewandel bei Waffenfirmen Wie nachhaltig sind Investitionen in die Rüstungsindustrie?

Früher so etwas wie die Schmuddelkinder der Industrie, heute Börsenlieblinge: Der Ukrainekrieg hat das Image der Rüstungsindustrie verändert. Nun tauchen ihre Firmen sogar in den Nachhaltigkeitsfonds auf – auch in der Schweiz. Zu Recht?

Darum geht es: Firmen, die Panzer oder Luftabwehrraketen herstellen, waren vor wenigen Jahren noch so etwas wie die Schmuddelkinder der Industrie. Heute sind ihre Produkte extrem gefragt: Der russische Krieg gegen die Ukraine hat in Europa die Themen Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit in den Mittelpunkt gerückt. Entsprechend hat sich auch das Image der Branche verändert. Die Aktien von Rüstungsfirmen wie Rheinmetall oder Diehl haben sich seit Kriegsbeginn vervielfacht. Und nicht nur das: Manche Banken nehmen seit Kurzem sogar Aktien von Rüstungsfirmen in ihre Nachhaltigkeitsfonds auf – eine Zäsur. Früher galten Firmen, die mehr als zehn Prozent ihres Umsatzes mit Rüstungsgütern erzielen, bei den meisten Anbietern als tabu in Anlageprodukten mit Nachhaltigkeitslabel.

Die Gründe für den Wandel: Hinter den gelockerten Richtlinien mehrerer Banken steht eine neue Haltung in Brüssel: In der EU-Zentrale wünscht man sich von den Banken mehr Offenheit für Investitionen in Rüstungshersteller – so gross ist die Sorge, dass europäische Firmen nicht an ausreichend Kapital kommen und Europa deshalb einem Angriff Russlands nicht gewachsen sein könnte. Die Folge in Deutschland: 2024 liessen mehrere Fondsverbände den Ausschluss von Waffenfirmen aus nachhaltigen Produkten fallen. Die ersten Zahlen zeigen, dass seither die Anteile von Rüstungsfirmen in Nachhaltigkeitsfonds zulegen.

Die Lage in der Schweiz: Der grösste Finanzplatzakteur, die UBS, hat die Richtlinien für nachhaltige Finanzprodukte analog zu deutschen Anbietern im März gelockert. Seither sind auch Rüstungsaktien in UBS-Nachhaltigkeitsfonds eingeschlossen. Warum sie das getan hat, will die UBS auf Anfrage nicht sagen. Naheliegend ist aber das veränderte europäische Umfeld – und wohl auch die eindrückliche Performance der Rüstungsaktien. Andere Banken bleiben beim Ausschluss: Beim Verband Swiss Sustainable Finance heisst es, dass 2024 knapp die Hälfte der Schweizer Anbieter Waffen ausgeschlossen habe aus nachhaltigkeitsbezogenen Anlageprodukten. Und: Man sehe derzeit keinen klaren Trend in Richtung Lockerung. Nachhaltig orientierte Kunden würden den Ausschluss von Rüstungsfirmen weiterhin erwarten.

Bei der ABS bleiben Waffen tabu

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Bei der Alternativen Bank Schweiz (ABS) sei Rüstung schon immer vollständig aus der Geschäftstätigkeit ausgeschlossen gewesen, sagt Katrin Wohlwend von der ABS. «Daran halten wir auch fest, das steht tatsächlich überhaupt nicht zur Debatte.» ABS-Kunden würden dieses Ausschlusskriterium sogar noch deutlicher einfordern – jetzt, da andere Banken es teilweise lockern, so Wohlwend.

Bei der ABS sieht man die jüngste Wende bei anderen Banken kritisch: Auch wenn Investitionen in Rüstung derzeit vielleicht eine Art notwendiges Übel seien, dürften die Firmen deshalb kein Nachhaltigkeitslabel bekommen. «Zudem haben Rüstungsfirmen aktuell genug andere Möglichkeiten, sich auch ausserhalb von als nachhaltig gelabelten Anlageprodukten zu finanzieren.»

Die Schweizer Regeln: «In der Schweiz steht es den Banken prinzipiell frei, ob sie Rüstungsunternehmen bei nachhaltigen Anlagen ausschliessen», sagt Erol Bilecen, Leiter Sustainable Finance bei der Schweizerischen Bankiervereinigung. Es gibt keine gemeinsame Richtlinie, aber dafür Mindeststandards, die sich die Branche selbst gegeben hat. Deren Kern erklärt Bilecen so: «Massgeblich ist der Ansatz Transparenz. Anbieter müssen offenlegen, was sie genau unter Nachhaltigkeit verstehen, welchen Referenzrahmen sie anwenden, welche Indikatoren dafür verwendet werden, damit der Kunde sich ein Bild machen kann.» Konkret heisst das: Wenn ein Anbieter einen Nachhaltigkeitsfonds mit Rüstungsaktien auflegen will, muss er erklären, was das Nachhaltigkeitsziel dieses Fonds ist, und er muss es nachweisen können. Ist beides erfüllt, darf der Fonds als nachhaltig gelten. Die UBS hat also kein Tabu gebrochen: In der Schweiz dürfen Rüstungsaktien in nachhaltigen Anlageprodukten drin sein – und das galt auch schon vor dem Ukrainekrieg.

Rendez-vous, 09.10.2025, 12:30 Uhr;liea

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