Die grosse Mehrheit der in der Schweiz gebrauchten Kerzen kommt aus dem Ausland, schätzungsweise 80 Prozent. Das war nicht immer so. Anfang der 90er-Jahre wurden mengenmässig sogar mehr Kerzen ins Ausland exportiert als in die Schweiz importiert. Nach dem Fall der Berliner Mauer folgte die Globalisierung und eine Verlagerung der Produktion ins Ausland. In den letzten 30 Jahren haben sich die Importe von Kerzen mengenmässig verdreifacht. Im vergangenen Jahr wurden mehr als 15'000 Tonnen Kerzen in die Schweiz importiert – klassische Kerzen, Teelichter und Duftkerzen. Gleichzeitig sind die Exporte auf nur noch 380 Tonnen geschrumpft. Die Schweiz ist für die Massenproduktion zu teuer.
Am meisten Kerzen kommen aus Polen, mengenmässig fast ein Drittel der importierten Kerzenprodukte. Danach folgen China und Deutschland. Die Produktion hat sich in kostengünstigere Länder verlagert. Chinesische Firmen liefern vor allem billigere Produkte, während deutsche Firmen auf das höherpreisige Segment setzen. Schon vor einigen Jahren hat sich Polen als grösstes Kerzenland von Europa etabliert und Deutschland von der Spitze verdrängt.
In der Schweiz gibt es noch rund ein Dutzend Unternehmen, die Kerzen herstellen. In Einsiedeln zum Beispiel gleich zwei Betriebe mit langer Tradition.
Zwei Einsiedler Betriebe
«Wir haben den schönsten Beruf, den es gibt. Wenn jemand unsere Kerzen anzündet, dann bringt das Freude, Trost und Hoffnung – je nach Lebenslage», sagt Andreas Braun, der zusammen mit seinem Bruder in Einsiedeln den Betrieb Schnyder Kerzen führt. Das Unternehmen mit sieben Angestellten macht vor allem Taufkerzen, Hochzeitskerzen und Fotokerzen. «Wir sind ein kleiner Fisch», sagt Braun. Dank Spezialanfertigungen könne man gegen die ausländische Konkurrenz weiter bestehen. Es gehe auch um die Tradition. Der Grundstein des Betriebes wurde vor mehr als 225 Jahren gelegt.
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Bild 1 von 4. Werbeplakat aus früheren Zeiten: Einsiedeln als Standort der Kerzenproduktion. Bildquelle: Schnyder Kerzen.
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Bild 2 von 4. Liturgische Kerzen am Karussell, wo sie übergossen werden. Bildquelle: Schnyder Kerzen.
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Bild 3 von 4. Rund 100-jährige Zuglange, die immer noch in Betrieb ist. Bildquelle: Schnyder Kerzen.
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Bild 4 von 4. Handarbeit auch heute noch: Speziallochung bei Altarkerzen. Bildquelle: Schnyder Kerzen.
Einsiedeln ist zwar der Ort mit der langen Tradition, der grösste Schweizer Hersteller von Kerzen kommt allerdings aus Hochdorf aus dem Kanton Luzern, die Balthasar Group. Die Firma beschäftigt rund 80 Personen und wird in dritter Generation von der Gründerfamilie geführt. In Hochdorf verarbeitet das Unternehmen pro Jahr rund 2000 Tonnen Paraffin zu Kerzen verschiedenster Grössen. Die Gruppe beliefert den Schweizer Detailhandel – Migros, Coop, Landi und deckt somit einen grossen Teil des Bedarfs ab. Die Kerzen für den Weihnachtsbaum werden in Polen bei einer der Partnerfirmen hergestellt. «Die allermeisten in der Schweiz verkauften Baumkerzen kommen von uns», sagt Firmenleiter Alain Balthasar gegenüber SRF. Pro Jahr seien das mehrere Millionen Stück.
Baumkerzen aus Sursee
Die grosse Menge kommt zwar aus dem Ausland, es gibt aber auch Hersteller in der Schweiz, die Baumkerzen fertigen – so zum Beispiel die Firma Herzog Kerzen aus Sursee. Dieses Unternehmen produziert pro Jahr rund 150 Tonnen verschiedenster Kerzen. Herzog beliefert vor allem Warenhäuser und den Fachhandel, kommt somit auf einen geringeren Marktanteil. Mit anderen Worten: Die allermeisten Baumkerzen kommen aus Polen, in kleinerer Menge aber auch aus der Schweiz.