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Klimaneutrale Schifffahrt Ammoniak: ein Ersatz für Schiffsdiesel mit Potenzial

Ammoniak gilt als Alternative für Schiffstreibstoffe wie Diesel oder Schweröl. Noch sind einige Hürden zu nehmen.

Klimaproblem: Gegen 90 Prozent aller Waren weltweit werden per Schiff transportiert. Die Branche ist für drei Prozent der Klimagasemissionen verantwortlich. Die Schifffahrtskonzerne sind bereit, die Emissionen ihrer Schiffe deutlich zu senken. Dafür braucht es unter anderem neue, klimaneutrale Treibstoffe, die giftige Treibstoffe wie Schweröl oder Diesel ersetzen. Die Palette an Alternativen ist breit, je nach Schiffstyp und Route. Nach wie vor fehlen globale Richtlinien. Das macht es für die Industrie schwierig, die nötigen, milliardenschweren Investitionen zu tätigen.

Ammoniak: Der Stoff mit dem beissenden Geruch gilt als vielversprechende Alternative und dient als Speicher für Wasserstoff. Die Schiffsmotoren werden so ausgelegt, dass sie mit gängigem Diesel oder mit grünem Wasserstoff betrieben werden können. Während auf kurzen Strecken direkt Wasserstoff in speziellen Tanks auf dem Schiff mitgeführt werden kann, muss der Wasserstoff für längere Reisen in Form von Ammoniak mitgeführt werden. Dieser hat eine grössere Dichte, liefert also mehr Energie pro Volumeneinheit und lässt sich einfacher transportieren.

Schiff auf dem Meer an Ufernähe.
Legende: Das geplante Schiff «Mineral Europa» hat zwei seitlich montierte, grosse Ammoniak-Tanks. pd

Gefährlicher Stoff: Wasserstoff ist beim Verbrennen unbedenklich, in Form von Ammoniak ist er allerdings giftig und kann gar tödlich sein. Beim Bunkern oder im Umgang mit diesem Treibstoff ist entsprechend besondere Vorsicht geboten. Allerdings wird Ammoniak seit Jahrzehnten als wichtiger Bestandteil von Düngemitteln auf Schiffen transportiert, wenn auch nicht als Treibstoff verwendet. Es gibt also langjährige Erfahrungen im Umgang mit diesem Material.

IMO und Dekarbonisierung

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2023 stellte die International Maritime Organisation (IMO), die Schifffahrtsorganisation der UNO, einen ambitionierten Plan auf: Bis 2030 sollen 20 bis 30 Prozent der Emissionen der Schifffahrt reduziert werden, bis 2040 gar 80 Prozent. Und bis 2050 soll die globale Schifffahrt klimaneutral sein.

Möglich machen sollen dies zusätzliche Abgaben auf fossile Treibstoffe. Die Erträge sollen klimaneutralen Investitionen zugutekommen. Die Branche stellte sich hinter die Pläne, ebenso eine Mehrheit der IMO-Mitgliedsstaaten. Im Oktober allerdings, quasi auf der Zielgeraden der konkreten Umsetzungspläne, wurde der Beschluss um ein Jahr verschoben.

Nun zeigt sich, dass Verbänden eine besondere Rolle als Vermittler zukommt. Das Global Maritime Forum beispielsweise dient als Plattform für konkrete Umsetzungspläne, das Global Centre for Maritime Decarbonisation wiederum als Testplattform für neue Technologien.

Neue Schiffe: Der Schifffahrts- und Technologiekonzern CMB Tech in Antwerpen entwickelt Wasserstoffmotoren. «Wir setzen auf Dual-Fuel-Technologie, also auf Motoren, die mit Diesel, aber eben auch mit beispielsweise Wasserstoff fahren können», erklärt Technikchef Roy Campe. Das erste Ammoniakschiff soll im Frühling 2026 in See stechen. «Wir installieren zwei grosse Ammoniaktanks auf beiden Seiten des Schiffs. Deshalb mussten wir die Aufbauten mit der Brücke und den Unterkünften der Schiffs-Crew etwas umgestalten.»

Fabrikanlage mit Solarzellenfeld.
Legende: CMB Tech plant eine Ammoniak-Produktionsstätte in Namibia mit eigener Photovoltaikanlage. pd

Ammoniak aus Afrika: Soll Ammoniak als klimaneutraler Treibstoff gelten, muss er nachhaltig hergestellt werden. Grüner Wasserstoff wird hierfür zusammen mit Stickstoff und viel Energie zu Ammoniak umgewandelt. Für die Elektrolyse von Wasserstoff und die Produktion von Ammoniak braucht es somit viel klimaneutrale Energie. CMB Tech plant hierfür eine Ammoniak-Produktionsanlage mit grossen Photovoltaikfeldern in Namibia. «Die klimatischen Bedingungen sind dort ideal», erklärt Roy Campe, der Technikchef von CMB Tech. Der nachhaltig hergestellte Ammoniak soll dann direkt im eigens gebauten Schiffsterminal verladen und an europäische Häfen geliefert werden.

Rotterdam und Antwerpen investieren

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Hafenhaus mit kleinem Schiff und Sattelzug.
Legende: Der Schlepper im Hafen von Antwerpen fährt mit Diesel und Wasserstoff und wird via mobile Tankanlage mit dem Treibstoff versorgt. Dario Pelosi, SRF

CMB Tech testet im Hafen von Antwerpen einen Schlepper, der mit Wasserstoff fahren und mit einer eigens entwickelten mobilen Tankanlage betankt werden kann. «Antwerpen wird zu den ersten Ammoniakhäfen gehören», ist Hafenchef Jacques Vandermeiren überzeugt. Im Hafen von Rotterdam werden jährlich Investitionen in Höhe von rund 900 Millionen Euro getätigt. Die technische Chefin Berte Simons versucht, neue Treibstoffe über Pilotanlagen im Hafen zu testen. Steigt die Nachfrage, könne sie so das Angebot schnell hochfahren.

Kosten vs. Sparen: Die Entwicklung von Schiffen mit neuen Treibstoffen wie Ammoniak ist teuer. Ebenso kostet Ammoniak als Treibstoff mehr als fossiler Diesel. Dieser ist meist auch von steuerlichen Abgaben befreit. Der Wechsel auf klimaneutrale Schiffe lohnt sich für die Betreiber somit nur, wenn entweder fossile Treibstoffe besteuert oder Alternativen finanziell unterstützt werden. Ein entsprechender Vorschlag der IMO für ein global geltendes Regelwerk wurde allerdings in letzter Minute von Erdölstaaten und den USA blockiert.

Echo der Zeit, 21.12.25, 18 Uhr

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