Kaffee und Klima: Der Klimawandel macht den Böden und den Kaffeepflanzen in den Herkunftsländern in Afrika und Lateinamerika zu schaffen. Höhere Temperaturen und Starkregen zum falschen Zeitpunkt erhöhen das Risiko von Krankheiten und lassen die Erträge schrumpfen. Das gefährdet die Existenz von Millionen von Bauernfamilien, obwohl eigentlich die Nachfrage nach Kaffee tendenziell steigt.
Machen statt Zuschauen: Der Klimawandel hat die Probleme der Landwirtschaft im Globalen Süden weiter akzentuiert. Der Finanzwirtschafter Thomas Käslin hat versucht, die Folgen in Zahlen zu fassen: «Lieferketten von Lebensmitteln verlieren durchschnittlich 15 Prozent an Wert. Wenn der weltweite Lebensmittelmarkt einen Gesamtwert von 7-10 Billionen Dollar hat, entspricht das einem Wert von 1.1 Billionen Dollar, der durch den Klimawandel vernichtet wird.» Dieser Wertvernichtung wollte Thomas Käslin etwas entgegensetzen – und gründete mit zwei Kollegen das Schweizer Climate-Tech-Unternehmen Cotierra.
Pflanzenkohle als Speicher: Das Unternehmen stellt den Bauern einen kleinen Reaktor zur Verfügung, mit dem sie aus Abfällen der Kaffeeplantagen Pflanzenkohle herstellen können. Diese gleiche gewöhnlicher Grillkohle. Aber: «Unsere Kohle wird im Reaktor kontrolliert produziert, es werden keine Klimagase freigesetzt», sagt Thomas Käslin. Die Pflanzenkohle, auf Englisch «Biochar», ist enorm saugfähig. «Wie ein Küchenschwamm kann sie sehr viel Feuchtigkeit aufnehmen sowie Nährstoffe länger speichern.» Die Kaffeepflanze hat also länger die benötigte Feuchtigkeit, und es braucht weniger teuren Dünger.
Das Geschäftsmodell: Derzeit sind vier Reaktoren in Kolumbien im Testbetrieb. Sie können auf Geländefahrzeugen direkt auf die Felder gefahren werden. Ihre Nutzung ist für die Bauernfamilien kostenlos. Regionale Kaffeehändler können die Geräte von Cotierra mieten für eine Jahresgebühr von 2000 bis 6000 US-Dollar und diese dann den Produzentenfamilien zur Verfügung stellen. Doch eigentlich würden Lebensmittelkonzerne wie Nestlé oder Starbucks das Projekt finanzieren, sagt Unternehmer Thomas Käslin. «Sie wollen in resiliente Lieferketten investieren und finanzieren deshalb diese Pflanzenkohle-Reaktoren.» Deshalb sind die Apparaturen von Cotierra mit vielen Sensoren bestückt. Sie liefern Daten für eine Online-Plattform. So wird dokumentiert, wie viel CO₂ über die Pflanzenkohle im Boden gebunden oder welche Ertragssteigerung realisiert wurde. Das sind wichtige Angaben für den Markt für Klimazertifikate. Ist Thomas Käslin ein Weltverbesserer? Der Finanzfachmann winkt ab. Er wolle ein Projekt im weltweiten Markt für Klimaprojekte etablieren.
Ausweitung geplant: «Das Projekt kommt bei Bäuerinnen und Händlern gut an», sagt Thomas Käslin. Beide profitierten von gesteigerten Erträgen. Deshalb will der 31-jährige Unternehmer aus Beckenried seine Reaktoren in Serienproduktion geben. Bis in fünf Jahren – so sein unbescheidener Plan – will er im Globalen Süden in allen relevanten Lieferketten präsent sein, nicht nur für Kaffee, sondern auch für Kakao, weitere Früchte oder auch Baumwolle und Maschinen für Pflanzenkohle liefern – finanziert über die Klima-Verpflichtungen der globalen Lebensmittelkonzerne. Ob dies realistisch ist, bleibt offen. Der Konkurrenzkampf um Klimazertifikate ist gross.