Der anhaltende Mitgliederrückgang in den Schweizer Kirchen verschärft die Diskussion um ihre Finanzierung. Neben den Kirchensteuern der Mitglieder spielen auch die Beiträge von Unternehmen eine zentrale Rolle – als zweitwichtigste Einnahmequelle.
Bei der Römisch-Katholischen Kirche betragen die Einnahmen durch Unternehmens-Kirchensteuern rund 200 Millionen Franken oder 18 Prozent von insgesamt 1.1 Milliarden Franken. Die reformierte Kirche erhebt keine nationalen Zahlen. In mehreren Kantonen geraten die Unternehmens-Kirchensteuern jetzt politisch in die Kritik.
Widerspricht die Firmensteuer der religiösen Neutralität?
Im Kanton Bern fordert FDP-Grossrat Carlos Reinhard mit einem Vorstoss, dass die Kirchensteuer für Unternehmen künftig auf freiwilliger Basis erfolgen soll.
Er begründet dies mit der religiösen Neutralität des Staates sowie der Vielfalt der Glaubensrichtungen unter Firmeninhabern: «Es ist der konsequente Weg zur Trennung von Staat und Kirche, diese Abgabe freiwillig zu machen. (…) Gerade Firmeninhaber mit einer anderen Glaubensrichtung könnten sich gestört fühlen, dass sie Abgaben leisten müssen für eine Glaubensrichtung, die sie nicht teilen.»
Anders argumentieren die Vertreterinnen der beiden grossen Landeskirchen im Eco Talk. Die Unternehmenssteuern würden insbesondere für gesellschaftliche Aufgaben eingesetzt.
Kirchen versprechen breites Angebot
Sabine Stalder von der Römisch-katholischen Zentralkonferenz sagt: «Die Kirchen bieten einen Mehrwert für die gesamte Gesellschaft.» Dazu zählten Seelsorge in Spitälern, Gefängnissen und Bundesasylzentren sowie Beiträge an soziale und gemeinnützige Projekte.
Diese Mittel seien zweckgebunden und kämen zum grösseren Teil der Gesellschaft zugute. In Bundesasylzentren biete man auch Angebote an, die sich nicht nur an Reformierte und Katholiken richteten, so Sabine Stalder.
Breite Unterstützung im Volk
Esther Straub, Kirchenratspräsidentin der reformierten Landeskirche des Kantons Zürich, sagt: «Wir leisten trotz schwindender Mitgliederzahl noch immer gleichviel oder zum Teil sogar mehr für die Gesamtgesellschaft. Insofern lassen sich die Einnahmen der juristischen Steuer durchaus weiterhin rechtfertigen.»
Die reformierte Kirche verweist auch auf die breite Unterstützung in der Bevölkerung. So wurde im Kanton Zürich eine Initiative zur Abschaffung der Unternehmens-Kirchensteuern mit über 70 Prozent abgelehnt. Das ist elf Jahre her.
Skeptischer Blick in die Zukunft
Generell verbuchten die Kirchen weiterhin stabile Einnahmen, sagt Esther Straub. Die gutverdienende Boomer-Generation, von der man sehr viele Mitglieder habe, bezahle relativ viel Steuern. «Das merken wir jetzt» so Straub.
Doch Sabine Stalder weist darauf hin, dass die Entwicklung langfristig unsicher sei: Sinkende Mitgliederzahlen, tiefere Taufquoten und die bevorstehende Pensionierung der geburtenstarken Babyboomer-Generation führten dazu, dass die Einnahmebasis schrumpft.
Damit steigen die Erwartungen an andere Quellen – insbesondere die Unternehmenssteuern. Doch durch die politischen Debatten werden die Finanzierungsmodelle der Kirche infrage gestellt.