Chefin von 100'000 Angestellten: In mehrfacher Hinsicht ist der Wechsel an der Spitze des Ölkonzerns spektakulär: Zum ersten Mal in der über 100-jährigen Firmengeschichte kommt eine Frau an die Spitze von BP. Und es ist das erste Mal, dass die Führungsposition an eine externe Person vergeben wird. Bisher ist der Chefposten immer an eine Person innerhalb des Konzerns gegangen. Die 55-jährige Meg O’Neill übernimmt die Führung ab dem 1. April. Sie wird Chefin von 100'000 Angestellten. BP ist der drittgrösste Energiekonzern Europas, nach Shell und Totalenergies.
Zur Person Meg O’Neill: Die neue Chefin steht für das klassische Öl- und Gasgeschäft. In den letzten fünf Jahren hat sie in Australien den Konzern Woodside geleitet und hat diesen durch eine Fusion zu einem der grössten Öl- und Gasproduzenten der Welt ausgebaut. Unter ihrer Führung wurden 30 Milliarden Dollar in Erdgasprojekte investiert, weniger rentable Projekte in erneuerbare Energien wurden gestoppt. Zuvor arbeitete O’Neill mehr als 20 Jahre beim US-Ölgiganten Exxon Mobil, zeitweise an der Seite des späteren US-Aussenministers Rex Tillerson. Der Konzern, der über Jahre Zweifel am wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel gesät hat, hat stets an den fossilen Energien festgehalten. Branchenbeobachter werten den Wechsel an der Spitze von BP deshalb als eine Rückkehr von BP zum klassischen Öl- und Gasgeschäft.
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Bild 1 von 3. Druck nicht nur gegen BP sondern auch gegen andere Energiekonzerne. Bildquelle: Imago / Photo News.
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Bild 2 von 3. Druck von der Strasse; Proteste gegen BP vor ein paar Jahren. Demonstrierende fordern den Ausstieg aus der fossilen Energie. Bildquelle: Imago / Sopa Images.
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Bild 3 von 3. Die Politik soll etwas gegen den Klimawandel tun, so die Forderung. Bildquelle: Keystone / Kin Cheung.
Erneuerbare-Energien-Projekte reduziert: BP hat die Abkehr von den erneuerbaren Energieträgern nicht erst heute eingeleitet. Bereits vor ein paar Monaten hat der Konzern seine Ziele für den Ausbau von Sonnen- und Windkraftwerken reduziert. Mit der neuen Chefin wird diese Strategie nun zementiert. Die Managerin aus den USA soll wieder voll auf das Öl- und Gasgeschäft setzen.
Druck von den Investoren: Die Kehrtwende bei BP hat vor allem mit dem Druck der Investoren zu tun. An der Börse hat die BP-Aktie mehr als 10 Prozent verloren – seit Ankündigung der Investitionen in erneuerbare Energien vor sechs Jahren. Zum Vergleich: Die Aktie von Exxon Mobil konnte im gleichen Zeitraum um 66 Prozent zulegen. Kein Wunder wurde der Ärger der BP-Aktionäre grösser. Das Unternehmen wurde abgehängt, das Geschäft ist eingebrochen. Der Gewinn von BP ist im vergangenen Jahr auf 381 Millionen Dollar geschrumpft. Gleichzeitig hat der europäische Konkurrent Shell einen Gewinn von mehr als 16 Milliarden Dollar eingefahren. Die Schere öffnete sich immer mehr und Gerüchte kamen auf, BP könnte von Shell aufgekauft werden.
Was ist schiefgelaufen? Der Absturz von BP begann vor rund sechs Jahren. Der damalige Chef Bernard Looney kündigte an, der Konzern wolle die Öl- und Gasförderung bis 2030 um 40 Prozent reduzieren. Stattdessen sah Looney einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energieproduktion vor. Geplant waren Investitionen von etlichen Milliarden. Die Umsetzung der Pläne verlief chaotisch, nach tiefgreifenden Restrukturierungen geriet der Konzern aus dem Tritt. Hinzu kam der Krieg in der Ukraine und plötzlich waren Öl und Gas wieder gefragt, die Preise kletterten nach oben und BP war auf diese Entwicklung nicht vorbereitet. Die Folge: BP zieht die Konsequenzen und kehrt trotz Klimawandel und Kritik der Umweltorganisationen zurück zum Stammgeschäft, den fossilen Energien.