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Medikamentenpreise Medikamenten-Preise: Provoziert der Novartis-Chef absichtlich?

Wie sollen Pharma-Unternehmen auf den zunehmenden Preisdruck aus den USA reagieren? Diese Frage treibt Pharma-Managerinnen, Lobbysten und Politikerinnen in der Schweiz um. Denn fallen die Preise im wichtigen und grossen US-Markt, schrumpfen die Gewinne der Schweizer Pharmakonzerne

Anfänglich drohte Präsident Donald Trump einzelnen Konzernen, darunter auch Roche und Novartis, willkürlich Sanktionen an, wenn sie die Preise in den USA nicht senken. Inzwischen hat er konkrete systemische Ansätze gefunden. Mit dem sogenannten Most Favored Nation-Prinzip sollen US-Preise grundsätzlich auf den niedrigsten Preis in OECD-Ländern sinken. Auf Anfang Jahr soll das sogenannte Generous-Modell (Generating cost Reduction for U.S Medicaid) der konkreten Umsetzung dienen bei ausgewählten Medikamenten für Bedürftige. Auch für das Generous-Modell gibt es Referenzländer. Die Schweiz gehört dazu.  

Bestimmte Medikamente nur noch an Selbstzahler?

Wären Medikamente ein simples Produkt im freien Markt, wäre die Rechnung schnell gemacht: Man würde tiefere Preise in den USA kompensieren mit höheren anderswo. Und schauen, ob das Produkt noch gekauft würde.

Doch  Medikamentenpreise sind in der Schweiz staatlich festgelegt. Pharmafirmen können diese nicht nach Belieben erhöhen. Dennoch suchen sie nach Strategien. Der Novartis-Chef Vas Narasimhan ist einer der wenigen, der sich zu diesem politisch brisanten Thema  äussert. Bereits früher forderte er, dass im Gegenzug zu den Preissenkungen in den USA die Erstattungen in Europa steigen müssten. An einer Analystenkonferenz diese Woche präzisierte er, wie er mit dem neuen System in den USA  umzugehen gedenkt:  Sollten Vergleichsländer die Preisepolitik nicht ändern, sei es denkbar, «dass bestimmte Medikamentenklassen in Europa nur noch auf dem Privatmarkt eingeführt werden». So wird er in der Nachrichtenagentur keystone-sda zitiert.

In anderen Worten: Der Novartis-Chef könnte sich vorstellen, teure Medikamente nur noch an Selbstzahler zu verkaufen, die sich diese auch leisten können. Oder aber das Preisniveau von Medikamenten, die von den Krankenkassen vergütet werden, müsste steigen. Ansonsten würden Konzerne wie Novartis nicht mehr mitspielen.  Sie würden – zumindest ein Stück weit – aussteigen aus dem jetzigen System. Teure Medikamente –  die Industrie spricht meist von Innovationen – gäbe es nur noch für jene, die sie sich leisten können.  Das käme einer Zweiklassen-Medizin gleich, die nicht im Sinne aller sein kann.

Provokation oder Signal

Vielleicht war die Äusserung als Provokation gemeint, als Weckruf an die Politik. Vielleicht als ein Signal an die Investoren. Vielleicht wars einfach eine politisch unzimperliche, ehrliche Einschätzung der Lage.

Klar ist: einfach aussitzen kann die Schweiz das Thema nicht. Aber schnelle Lösungen sind kaum die Besten. Ein neues Preissystem will wohl überlegt sein. Es bräuchte nun dringend auch die Einschätzung von Patientenorganisationen, die Expertise der Ärztinnen und auch der Medizin-Ethiker. Denn es geht um viel. Um den Wohlstand aller – transportiert über eine florierende Pharmaindustrie. Es geht aber auch um ein austariertes Gesundheitssystem, das allen zugutekommt und  das sich eine Gesellschaft auch langfristig leisten kann.

Lucia Theiler

Wirtschaftsredaktorin

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Lucia Theiler arbeitet als Wirtschaftsredaktorin bei SRF. Zuvor war sie unter anderem Leiterin der Wirtschaftsredaktion der Nachrichtenagentur sda. Theiler hat Betriebswirtschaft studiert.

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Regionaljournal Basel, 20.11.2025, 17:30 Uhr

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