Diese Woche fand in Washington die Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds statt. Dabei zeigte sich: Die Regierung von Donald Trump übt mächtig Druck auf die beiden Bretton-Woods-Institutionen aus. Gleichzeitig hat die Weltbank unter ihrem Präsidenten Ajay Banga in den letzten Jahren eine grössere Reform umgesetzt. SRF-Wirtschaftsredaktor Damian Rast erläutert, wo die Weltbank in dieser Umbruchphase aktuell steht.
Nach dem Amtsantritt von Donald Trump befürchteten viele, die USA würden aus der Weltbank austreten. Nun ist das offenbar vom Tisch. Weshalb?
Die USA haben ein grosses Interesse daran, ihren Einfluss auf die Weltbank zu behalten. Sie verfügen de facto über ein Vetorecht bei wichtigen Beschlüssen. Würden die USA austreten, würden sie einen wichtigen Hebel in der globalen Entwicklungspolitik aus der Hand geben – und ihr Rivale China bekäme mehr Raum. Ausserdem müsste der Sitz der Bank, die nur einen Steinwurf vom Weissen Haus entfernt liegt, laut Statuten in das Land verlegt werden, das neu am meisten Stimmrechten hat.
Warum kritisieren die USA die Weltbank scharf?
Washington fordert, dass sich die Bank wieder stärker auf ihr Kernmandat konzentriert: Kredite für arme Länder, damit diese in Infrastruktur investieren und wirtschaftlich wachsen können. Themen wie Klima, Gleichstellung und Inklusion sollen laut den USA in den Hintergrund treten. Die USA verlangen deshalb auch, die Bank solle Schwellen- und Entwicklungsländern auch Kredite für Gas-, Kohle- oder Atomkraftwerke geben. Zudem wollen die USA, dass China bei der Bank nicht mehr als Entwicklungsland gilt und keine Kredite mehr beantragen kann.
Welche Auswirkungen hat der Druck der USA auf die Weltbank?
Innerhalb der Bank ist die Stimmung angespannt. Mitarbeitende berichten, sie seien angewiesen worden, gewisse Begriffe nicht mehr zu verwenden – offiziell wird das bestritten. An der Herbsttagung von IWF und Weltbank hat das Thema Klima kaum eine Rolle gespielt. Gleichzeitig muss man sagen: Auch wenn die USA der grösste Anteilseigner der Weltbank sind (sie haben knapp über 15 Prozent der Stimmrechte), können sie der Bank nicht einfach eine neue Energiestrategie diktieren. Bei der breitflächigen Finanzierung von fossilen Energien ist mit Widerstand zu rechnen, vor allem von den europäischen Ländern, inklusive der Schweiz.
Die Weltbank hat in den letzten Jahren eine grosse Reform umgesetzt, unter dem Titel «Evolution Roadmap». Was hat die Bank da erreicht?
Die Weltbank hat ihre Eigenkapitalquote gesenkt, um mehr Kredite vergeben zu können – ohne dass die Mitgliedstaaten zusätzliches Geld einschiessen müssen. Die fünf Institutionen der Weltbankgruppe arbeiten enger zusammen und auch die Kooperation mit anderen Entwicklungsbanken wurde vertieft. Ausserdem wurden Abläufe vereinfacht und Prozesse beschleunigt. Es gab deutliche Verbesserungen. Gleichzeitig sagen Experten: Es gibt noch weiteres Potenzial.
Seit rund zwei Jahren steht Ajay Banga an der Spitze der Weltbank. Wie macht er seinen Job?
Ajay Banga kommt im Unterschied zu seinen Vorgängern aus der Privatwirtschaft: Er war bei Nestlé, Citigroup und Mastercard. Ihm wird grosser Reform-Elan, aber auch ein fordernder Führungsstil nachgesagt. Viele sehen in ihm den richtigen Mann, um die Weltbank zu modernisieren. Kritiker aus der Zivilgesellschaft werfen ihm jedoch teilweise vor, den Fokus zu stark auf die Mobilisierung von Privatkapital zu legen – und dabei mehr die Investoren im Blick zu haben, als die Ärmsten.