Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

Mehr Wachstum, weniger Klima USA fordern: Die Weltbank soll auch auf Kohle und Gas setzen

Diese Woche fand in Washington die Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds statt. Dabei zeigte sich: Die Regierung von Donald Trump übt mächtig Druck auf die beiden Bretton-Woods-Institutionen aus. Gleichzeitig hat die Weltbank unter ihrem Präsidenten Ajay Banga in den letzten Jahren eine grössere Reform umgesetzt. SRF-Wirtschaftsredaktor Damian Rast erläutert, wo die Weltbank in dieser Umbruchphase aktuell steht.

Damian Rast

Wirtschaftsredaktor

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Damian Rast arbeitet seit 2013 bei Radio SRF, zuerst als Nachrichtenredaktor und Moderator, dann als Produzent und Moderator der Informationssendung Info 3. Anschliessend war er fünf Jahre Produzent beim Echo der Zeit, nun ist er als Wirtschaftsredaktor tätig.

Nach dem Amtsantritt von Donald Trump befürchteten viele, die USA würden aus der Weltbank austreten. Nun ist das offenbar vom Tisch. Weshalb?

Die USA haben ein grosses Interesse daran, ihren Einfluss auf die Weltbank zu behalten. Sie verfügen de facto über ein Vetorecht bei wichtigen Beschlüssen. Würden die USA austreten, würden sie einen wichtigen Hebel in der globalen Entwicklungspolitik aus der Hand geben – und ihr Rivale China bekäme mehr Raum. Ausserdem müsste der Sitz der Bank, die nur einen Steinwurf vom Weissen Haus entfernt liegt, laut Statuten in das Land verlegt werden, das neu am meisten Stimmrechten hat.

Warum kritisieren die USA die Weltbank scharf?

Washington fordert, dass sich die Bank wieder stärker auf ihr Kernmandat konzentriert: Kredite für arme Länder, damit diese in Infrastruktur investieren und wirtschaftlich wachsen können. Themen wie Klima, Gleichstellung und Inklusion sollen laut den USA in den Hintergrund treten. Die USA verlangen deshalb auch, die Bank solle Schwellen- und Entwicklungsländern auch Kredite für Gas-, Kohle- oder Atomkraftwerke geben. Zudem wollen die USA, dass China bei der Bank nicht mehr als Entwicklungsland gilt und keine Kredite mehr beantragen kann.

Welche Auswirkungen hat der Druck der USA auf die Weltbank?

Innerhalb der Bank ist die Stimmung angespannt. Mitarbeitende berichten, sie seien angewiesen worden, gewisse Begriffe nicht mehr zu verwenden – offiziell wird das bestritten. An der Herbsttagung von IWF und Weltbank hat das Thema Klima kaum eine Rolle gespielt. Gleichzeitig muss man sagen: Auch wenn die USA der grösste Anteilseigner der Weltbank sind (sie haben knapp über 15 Prozent der Stimmrechte), können sie der Bank nicht einfach eine neue Energiestrategie diktieren. Bei der breitflächigen Finanzierung von fossilen Energien ist mit Widerstand zu rechnen, vor allem von den europäischen Ländern, inklusive der Schweiz.

Was ist die Weltbank?

Box aufklappen Box zuklappen
Schwarz-weiss-Foto von Hotelkasten
Legende: Gründungsort der Weltbank: Das Konferenzhotel in Bretton Woods AP Photo/Abe Fox

Die Weltbank ist die älteste und bekannteste multilaterale Entwicklungsbank. Sie vergibt langfristige Kredite und Zuschüsse an ärmere Länder, um deren wirtschaftliche Entwicklung zu fördern. Ihr Ziel: Armut verringern und nachhaltiges Wachstum ermöglichen. Die Bank wurde noch während des Zweiten Weltkrieges in Bretton Woods in den USA von 44 Staaten gegründet, ursprünglich zum Zweck, den Wiederaufbau des zerstören Europa zu unterstützen.

In den letzten 80 Jahren sind basierend auf dem Modell der Weltbank über 30 weitere Entwicklungsbanken entstanden. Alle basieren mehr oder weniger auf dem gleichen Grundmodell: Die Mitgliedstaaten der Bank stellen das Eigenkapital zur Verfügung. Die Banken können dieses als Sicherheit nutzen, um an den Finanzmärkten zu hervorragenden Konditionen Geld zu leihen und damit dann für Entwicklungsprojekte Kredite zu vergeben.

Die Weltbank hat in den letzten Jahren eine grosse Reform umgesetzt, unter dem Titel «Evolution Roadmap». Was hat die Bank da erreicht?

Die Weltbank hat ihre Eigenkapitalquote gesenkt, um mehr Kredite vergeben zu können – ohne dass die Mitgliedstaaten zusätzliches Geld einschiessen müssen. Die fünf Institutionen der Weltbankgruppe arbeiten enger zusammen und auch die Kooperation mit anderen Entwicklungsbanken wurde vertieft. Ausserdem wurden Abläufe vereinfacht und Prozesse beschleunigt. Es gab deutliche Verbesserungen. Gleichzeitig sagen Experten: Es gibt noch weiteres Potenzial.

Mann mit Anzug und türkiser Krawatte
Legende: Ajay Banga ist seit 2023 Präsident der Weltbank. Banga ist indischamerikanischer Doppelbürger und war vorher unter anderem Geschäftsführer von Mastercard. EPA/JIM LO SCALZO

Seit rund zwei Jahren steht Ajay Banga an der Spitze der Weltbank. Wie macht er seinen Job?

Ajay Banga kommt im Unterschied zu seinen Vorgängern aus der Privatwirtschaft: Er war bei Nestlé, Citigroup und Mastercard. Ihm wird grosser Reform-Elan, aber auch ein fordernder Führungsstil nachgesagt. Viele sehen in ihm den richtigen Mann, um die Weltbank zu modernisieren. Kritiker aus der Zivilgesellschaft werfen ihm jedoch teilweise vor, den Fokus zu stark auf die Mobilisierung von Privatkapital zu legen – und dabei mehr die Investoren im Blick zu haben, als die Ärmsten.

Was ist die Evolution Roadmap der Weltbank?

Box aufklappen Box zuklappen

Die Evolution Roadmap ist das Reformprogramm, mit dem die Weltbank seit 2023 auf die neuen globalen Herausforderungen reagiert. Neben der Bekämpfung der Armut hat sich die Bank auch dazu bekannt, den Klimawandel bekämpfen zu wollen. Die Mission wurde ergänzt und lautet seither: «To create a world free of poverty – on a livable planet» (Eine Welt ohne Armut schaffen – auf einem lebenswerten Planeten).

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der finanziellen Schlagkraft: Die Weltbank will mit denselben Mitteln mehr erreichen, indem sie ihr Kapital effizienter nutzt und zusätzliche Gelder aus der Privatwirtschaft und von Geberländern mobilisiert. Die Reformen wurden im Auftrag der G-20 erarbeitet und von Weltbankpräsident Ajay Banga vorangetrieben.

Echo der Zeit, 14.10.2025, 18 Uhr

Meistgelesene Artikel