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Methode gegen PFAS Zürcher Start-up bekämpft Ewigkeitschemikalien

Es gibt fast keinen Ort, wo sie nicht sind – PFAS. Jetzt hat eine Schweizer Firma eine Technologie entwickelt, mit der Ewigkeitschemikalien bereits an der Quelle bekämpft werden können.

Sie sind längst weit verbreitet: Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS). Sie werden auch Ewigkeitschemikalien genannt, denn einmal in der Umwelt, können die industriellen Stoffe nicht biologisch abgebaut werden.

Der Weg in die Umwelt ist sehr vielfältig. Weil sie sowohl wasser-, fett- und schmutzabweisend als auch sehr hitzebeständig sind, sind sie in einer ganzen Vielfalt von Produkten enthalten, von Pestiziden bis hin zum Fisch.

Die Ewigkeitschemikalien in der Umwelt gelangen über die Nahrung in unseren Körper. Sie können Gesundheitsprobleme wie Leberschäden, Schilddrüsenerkrankungen, Fettleibigkeit und Krebs verursachen sowie die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.

Wie gelangen PFAS in die Umwelt?

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Aufgrund ihrer speziellen Stoffeigenschaft kommen PFAS in zahlreichen Anwendungen und Produkten vor. Sie sind in Pestiziden, Outdoorkleidung oder auch Zahnseide zu finden. Einerseits können PFAS bei ihrer Herstellung oder Verarbeitung durch Abwasser, Abluft und Abfälle von Industrieanlagen in die Umwelt gelangen. Andererseits gelangen sie bei der Verwendung oder Entsorgung PFAS-haltiger Produkte in die Umwelt, etwa beim Waschen von behandelten Textilien oder der Benutzung eines PFAS-haltigen Feuerlöschers. Heute sind sie längst in der Umwelt weit verbreitet.

Aufgrund der starken Bindung zwischen Kohlenstoff und Fluoratomen, einer der stärksten Bindungen in der organischen Chemie, sind PFAS sehr stabil. Doch genau diese Bindung muss für den Abbau gespalten werden.

Technologie von Zürcher Firma

Das Zürcher Start-up Oxyle hat eine Lösung entwickelt für den Kampf gegen PFAS: UV-Licht und chemische Substanzen können gemeinsam die Kohlenstoff-Fluor-Bindung aufbrechen und in ungiftige Nebenprodukte aufspalten. Dabei werden die PFAS-Verbindungen zuerst vom Wasser getrennt und konzentriert, bevor sie vernichtet werden.

Wissenschaftlerin im weissen Kittel zeigt auf metallenen Behälter, daneben steht rohrartiges Plastikgefäss.
Legende: Im Gerät rechts werden die PFAS-Verbindungen aufgebrochen, erklärt Entwicklungsleiterin Akram Rahimi. Im metallenen Behälter links werden sie vernichtet. SRF

Zu den Kunden von Oxyle gehören PFAS-Produzenten sowie Firmen, die PFAS für die Produktion von Alltagsprodukten nutzen, wie etwa die Pharma- oder Textilbranche. Die Idee des Zürcher Start-ups: PFAS aus dem Abwasser beseitigen, bevor sie überhaupt in die Umwelt gelangen können.

Nahaufnahme eines rohrartigen, blauen Plastikgeräts mit schwarzen Ventilen, darin schäumendes Wasser.
Legende: Das Wasser soll mittels UV-Licht und chemischen Substanzen von PFAS getrennt werden. SRF

Der Ursprung dieser Idee liegt bereits zehn Jahre zurück. Mitgründerin und Chefin von Oxyle, Fajer Mushtaq, forschte damals für ihre Doktorarbeit an der ETH Zürich zu diesem Thema.

Grenzen im Kampf gegen PFAS

Allerdings: Die Technologie von Oxyle kann nur einen kleinen Teil des Problems beheben. PFAS, die bereits in der Umwelt zirkulieren, können nur schwer beseitigt werden.

Warum das so ist, erklärt Martin Scheringer, Umweltchemiker an der ETH Zürich, mit einem einfachen Bild: « Die PFAS, die schon in der Umwelt sind, die sind wie die Milch im Kaffee. Die kann man nicht zurückholen.» Laut dem ETH-Experten ist es enorm schwierig, grosse Mengen an belastetem Abwasser zu behandeln. Je grösser die kontaminierte Wassermenge, desto grösser der Aufwand für die Reinigung. Das wird sowohl technisch wie auch finanziell sehr aufwendig. Beispielsweise bräuchte man laut Scheringer mit der Oxyle Methode rund eine Million Jahre, um den Genfersee von PFAS zu reinigen.

Wie sind PFAS in der Schweiz reguliert?

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Zu den PFAS zählen mehrere Tausend synthetische Chemikalien.

  • Lebensmittel: Seit 2024 gelten in der Schweiz, in Abstimmung mit der EU, Höchstgehalte für PFAS in Eiern, bestimmten Fischarten, Fleisch, Krebstieren und Muscheln. Diese betreffen die PFAS, welche die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) als prioritär eingestuft hat. Weitere Höchstgehalte, unter anderem für Milch, werden folgen. Die Schweiz wird dabei entsprechende EU-Regulierungen prüfen und gegebenenfalls übernehmen.
  • Trinkwasser: In der Schweiz gelten aktuell Höchstwerte für 3 PFAS. In der Europäischen Union gilt seit 2021 ein Höchstwert von 0,1 µg/l für die Summe von 20 ausgewählten PFAS. Aufgrund dieser EU-Anforderung und der laufenden politischen Diskussionen in der Schweiz werden die schweizerischen Höchstwerte derzeit überprüft. Ob und in welcher Form eine Anpassung erfolgt, ist Gegenstand der laufenden Arbeiten.
  • Für die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung bestimmter PFAS gilt bereits heute ein Verbot. Weitere sollen ab 2026 folgen. Für die darauffolgenden Jahre ist u.a. auch ein schrittweises Verwendungsverbot von PFAS in Schaumlöschmitteln von Feuerwehren vorgesehen.
  • Die Schweiz prüft jeweils eine Angleichung an die Regulierung in der EU, wo aktuell eine umfassende Beschränkung für PFAS-Stoffe in Planung ist.

Auch die Geschäftsführerin von Oxyle, Fajer Mushtaq, sieht die Herausforderungen. Eine Technologie alleine könne das Problem nicht lösen. Man brauche umfassende und klare Regulierungen, um zu wissen, wo und bis zu welchem Grenzwert PFAS entfernt werden sollen. Weiter sei nicht klar, wer für die Finanzierung aufkomme oder wie die existierenden Technologien in grossem Stil umgesetzt werden könne. «Es beginnt ganz oben: Wenn wir die Verwendung von PFAS dort eliminieren können, wo sie nicht unbedingt notwendig ist, sollten wir das tun», so Fajer Mushtaq.

Oxyle ist nicht die einzige Firma, die an Lösungen für das PFAS-Problem forscht. Doch trotz diverser Ideen von zahlreichen Unternehmen ist eine umfassende Lösung für diese Komplikation noch weit weg.

10vor10, 14.11.2025, 21:50 Uhr ; 

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